: Grüne machen ZDF Vorschriften
■ ZDF lud Antje Vollmer zum Streitgespräch, Grüne wollen Regina Michalik schicken / ZDF pocht auf Entscheidungshoheit / Grüne pfeifen auf redaktionelle Autonomie / Fortsetzung des Streits um TV–Auftritte
Strittig war bei den Grünen bisher die Besetzung von zwei Sendungen. Für die sogenannte Elephantenrunde drei Tage vor der Wahl wollten jetzige und zukünftige Fraktion Otto Schily nominieren, während Bundesvorstand und Bundeshauptausschuß - mehrheitlich mit Fundis besetzt - Jutta Ditfurth im Fernsehen sehen wollten und sich damit auch durchsetzten. Bei der zweiten TV–Besetzung ging es um die Einladung der ZDF–Redaktion an Antje Vollmer in die Sendung „Journalisten fragen - Politikerinnen antworten“. Antje Vollmer erging es bei bei den parteiinternen Abstimmungen wie Schily. Vorstand und Bundeshauptausschuß, höchste Gremien der Partei zwischen den Parteitagen, wollten lieber Regina Michalik in der Sendung sehen. Einziger Haken: Im Unterschied zur Elephantenrunde pochte das ZDF auf seiner Redaktionsfreiheit. Nachdem Antje Vollmer ihre Zusage aufgrund der Parteibeschlüsse mündlich zurückgezogen hatte, schrieb Mitte letzter Woche ZDF–Chefredakteur Appel an die Grünen: „Wir können Frau Vollmer nicht zur Teilnahme zwingen, aber wir werden Frau Michalik auf keinen Fall akzeptieren.“ Weiterhin stellt Appel klar: „Die Nichtteilnahme der grünen Politikerin am 18. Dezember hat zwangsläufig eine öffentliche Debatte zur Folge, in der das ZDF nicht beabsichtigt, stumm zu bleiben. Wir werden feststellen, was die Grünen von der Unabhängigkeit der Journalisten halten. Ihre Beteuerungen scheinen ein Stück Papier wert zu sein. Darüber hinaus wird öffentlich werden, daß die Spitzenpolitikerin der Grünen in NRW offenbar kein zureichendes Vertrauen der Parteispitze besitzt.“ Bundesvorstandssprecher Beckmann zu dem Brief: „Das überrascht nur die Ignoranten.“ Die Reaktion des ZDF sei absehbar gewesen. Eine Mehrheit des Bundesvorstands werde jetzt wohl einen Streit mit dem ZDF anzetteln, während eine Minderheit befürchtet, daß schließlich keiner von den Grünen an der Sendung teilnimmt. Jutta Ditfurth: Es sei eine Wahlkampfsendung und deshalb habe die Partei und nicht die ZDF–Redaktion zu bestimmen, wer als grüner Vertreter daran teilnimmt. Auch für Regina Michalik hat die Auseinandersetzung „überhaupt nichts mit mit Presse– und Redaktionsfreiheit zu tun“. Bei allen Sendungen habe es Vorabsprachen gegeben, bevor das ZDF die Einladungen verschickte. Mit dem Bestehen des ZDF auf der Einladung an Antje Vollmer seien die Grünen in dem Dilemma, daß eine Politikerin mit „nichtfeministischem Standpunkt“ auftrete und die Sendung somit „uns nichts nützen wird“. Das habe jedoch nichts mit Mißtrauen gegen Antje Vollmer zu tun. ZDF–Redakteur Wolfgang Herles, mit der Planung der politischen Diskussionssendungen vertraut, meinte dazu, daß zu allen 15 Diskussionssendungen mit Ausnahme der sogenannten Elephantenrunde „grundsätzlich wir einladen“. Alle Parteien, auch die Grünen hätten das bisher akzeptiert. Regina Michalik angesichts der jetzt entstandenen Situation: „Da keine grüne Frau hingehen zu lassen, läßt sich letztlich in der Öffentlichkeit nicht vermitteln“, deshalb solle Antje Vollmer nun doch ins Studio. Max Thomas Mehr
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