Pershing–Anschlag

■ Pflugschargruppe demoliert Pershingtransporter in US–Kaserne / Kritik an Mutlangen–Richtern

Von Dietrich Willier

Schäbisch–Gmünd (taz) - Viele Monate hatte sich die Pflugschargruppe auf ihre Aktion vorbereitet. Gestern morgen um acht Uhr, pünktlich zum dritten Jahrestag der Pershingstationierung in der BRD, war es soweit. Mit einer Drahtschere durchschnitten vier Mitglieder den Zaun der amerikanischen Hardt–Kaserne in Schwäbisch Gmünd, drangen bis zum Fahrzeugpark und den Pershingtransportfahrzeugen vor und begannen Fahrerhaus, Generator und den Verladekran eines der Fahrzeuge zu zerstören. Fahrzeuge wurden mit Parolen besprüht und mit Blut bespritzt. Erst laute Hammerschläge machten die Wachsoldaten der Kaserne auf die „Sabotageaktion“ aufmerksam. Die Soldaten griffen allerdings nicht ein, sondern warteten das Eintreffen der Schwäbisch– Gmünder Polizei ab. Fortsetzung auf Seite 2 Die vier Pflugscharaktivisten, die sich auf ihre christlich–religiöse Überzeugung berufen, wollten mit ihrer Aktion daran erinnern, daß auch heute schon „Rüstung täglich Tausende von Menschen ermordet“. Nach kurzer vorläufiger Festnahme wurden alle vier Personen bis zum Freitag nachmittag wieder freigelassen. Schon vor drei Jahren, kurz vor dem Stationierungsbeschluß durch den Bundestag, war eine „Pflugschargruppe“ in die Schwäbisch–Gmünder Hardt–Kaserne eingedrungen und hatte einen dort abgestellten Pershing transporter beschädigt. Von einem Stuttgarter Landgericht waren die damaligen Aktivisten zu Geld– bzw. einer dreimonatigen Haftstrafe wegen versuchter Sabotage verurteilt worden. Kritik an Mutlangen–Richtern Heftige Schelte an der Praxis des Gmünder Amtsgerichts in den Blockadeprozessen haben Klaus Vack, Sekretär des Komitee für Grundrechte und Demokratie, und der Münsteraner Verfassungsrechtler Erich Küchenhoff geübt. Klaus Vack machte den Richtern den Vorwurf, das Blockade–Urteil nicht zu beachten. Bereits zwei Tage nach dem Karlsruher Richterspruch sei in Gmünd wieder verurteilt worden. Rund ein Dutzend „Fließbandurteile“ habe es seitdem gegeben. Küchenhoff kritisierte Aussagen von Amtsgerichtsdirektor Röhrle und Richter Offenloch, die unmittelbar nach der Urteilsverkündung erklärten, die Karlsruher Richter hätten übereinstimmend festgestellt, „daß die Urteile verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien“. Gerade in diesem Punkt, so Küchenhoff, hätten die Karlsruher Richter gegensätzliche Meinungen vertreten. Die Gmünder Fließbandverurteilungen seien ein grober Verstoß gegen die geforderte Einzelfallprüfung. Prozesse gegen mehrere Angeklagte - oft sogar zu unterschiedlichen Blockaden - seien auf zwei bis drei Stunden terminiert. Auf die Motivation der Angeklagten könne da nicht ausreichend eingegangen werden. Mit „knallharter Prozeßführung“ sollen die Gmünder Amtsrichter jetzt gezwungen werden, das BVG–Urteil zur Kenntnis zu nehmen. Unterstützt fühlt man sich durch eine Aussage des zuständigen Revisionsrichters am Ellwanger Landgericht, der erklärte, ein Gmünder Urteil werde zukünftig nur dann noch Gnade vor seinen Augen finden, wenn der Richter sich die Mühe gemacht habe, alle Umstände sorgfältig abzuwägen. Vack und Küchenhoff wollten sich gestern nach der Pressekonferenz in Mutlangen an den Blockaden zum Jahrestag des NATO–Doppelbeschlusses beteiligen.