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Zehn Jahre Atomwiderstand

■ In Göttingen feierte der „Arbeitskreis gegen Atomenergie“ sein Jubiläum / Widerstand seit 1976 bundesweit und international / Gnadenlose Militanz macht Arbeitskreis zum Objekt polizeilicher Begierde

Aus Göttingen Reimar Paul

Wochenlang wurden alte Fotos, Flugblätter und Dokumente gesichtet, wurden Ex–Aktivistinnen und -Aktivisten angeschrieben, wurde die Stadt mit Einladungsplakaten beklebt. Am vergangenen Samstag war es dann endlich soweit: Im Jugendzentrum Innenstadt, vor zwei Wochen Schauplatz des furoremachenden Polizeiüberfalls, feierte der Göttinger Arbeitskreis gegen Atomenergie sein „Zehnjähriges“. Filme, Dias und eine Ausstellung ließen die Anfänge und Höhepunkte der Bewegung Revue passieren und auch für diejenigen zu einem Erlebnis werden, die damals selber nicht dabei waren. Gegründet im politischen und athmosphärischen Sog der ersten Brokdorf–Demos im Herbst 1976 machte der Arbeitskreis die Atomkraft in der Folge nicht nur vor Ort zum Thema, sondern unterstützte bundesweit und international den Widerstand: Grohne, Kalkar, Malville, Wendtland, Bonn, Wackersdorf, Hanau und immer wieder Brokdorf. Der größte Mobilisierungserfolg gelang 1981: 28 Busse und 80 PKWs machten sich aus Göttingen auf den Weg zur Großdemonstration in die Wilstermarsch. Auch die Häuserkämpfe in Göttingen zu Beginn der 80er Jahre unterstützte der Arbeitskreis ebenso wie Aktionen der unabhängigen Friedensbewegung. Grundsätzlich mochte sich der Arbeiskreis bis heute „seine Widerstandsformen von niemandem vorschreiben“ lassen, was ihm in der Bewegung mitunter den Ruf gnadenloser, prinzipieller Militanz eintrug, und ihn auf der anderen Seite zum ständigen Objekt polizeilicher Begierde machte. 1978 schleuste das Niedersächsische Landeskriminalamt zwei Top–Agenten in den Koordinationsausschuß, das politische „Zentralorgan“ der Gruppe, ein. Viele Arbeitskreisleute wurden mit Ermittlungen und Strafprozessen überzogen. Gegen die presserechtlich verantwortlichen Redakteure des Atomexpress lief wegen des Ab drucks einer Erklärung der Revolutionären Zellen im Frühjahr 1983 ein Verfahren nach Paragraphen 129a, Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Und auch im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht taucht der Name „Göttinger Arbeitskreis“ seit Jahren immer wieder regelmäßig auf.

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