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Den Landtag hinters Licht geführt

■ Niedersachsens Innenminister Hasselmann hat den Polizeieinsatz gegen Göttinger „Juzi“ mit unwahrer Behauptung gerechtfertigt / Fotografierte Demonstranten fordern die Vernichtung der illegalen Aufnahmen

Aus Hannover Jürgen Voges

Um den Polizeieinsatz gegen das Göttinger Jugendzentrum „Juzi“ als rechtlich zulässig darstellen zu können, hat der Niedersächsische Innenminister Wilfried Hasselmann vor dem Landtag in Hannover die Unwahrheit gesagt. Der Innenminister hat am vergangenen Mittwoch auf die Frage des Grün en–Abgeordneten Jürgen Tritin nach der Rechtsgrundlage für das Fotografieren aller 414 Besucher des Göttinger Jugendzentrums offensichtlich Unrichtiges behauptet. Hasselmann hatte im Landtag diese Erkennungsdienstlichen Maßnahmen unter Berufung auf Paragraph 13 des Niedersächsischen Sicherheits– und Ordnungs gesetzes gerechtfertigt. Die Identität der Jungendzentrumsbesucher, so behauptete Hasselmann, sei anhand der mitgeführten Ausweispapiere nicht zweifelsfrei festellbar gewesen. Diese Behauptung begründete er mit dem Satz: „Es gab auch Ausweise, die verändert und ausgetauscht worden waren.“ Die Göttinger Kriminalpolizei hat nun auf Nachfrage diese Aussage des Ministers, die sich auch im stenographischen Bericht der Sitzung nachlesen läßt, klar dementiert. „Es ist bei dem Polizeieinsatz im Juzi nicht festgestellt worden, daß ein Ausweis verändert worden ist“, sagte der für Presseauskünfte zuständige zweite Mann der Göttinger Kripo, Thies, zur taz. Es seien auch keine Ausweispapiere von den Jugendzentrumsbesuchern ausgetauscht worden, dies hätte den Kripobeamten, die die Identitätsfestellung durchführten, ansonsten auffallen müssen. Es würde auch gegen keinen der Jugendzentrumsbesucher wegen des Gebrauchs falscher oder veränderter Ausweispapiere ermittelt. In Göttingen versammelten sich gestern rund 200 Demonstranten vor dem Polizeigebäude. Sie wollten kollektiv Anträge übergeben, auf denen sie bezugnehmend auf die Durchsuchung des Jungdzentrums am ersten Dezember forderten, sämtliche Unterlagen, insbesondere die damals aufgenommenen Polaroidfotos, zu vernichten. Die gesammelten Daten müßten gelöscht werden. Die Polizei ließ schließlich vier „Delegierte“ vor und versprach Empfangsbestätigungen für die eingesammelten Anträge.

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