Keine Spuren im Mordfall Palme

■ Schwedens Polizei sucht mit Rundumschlag gegen Kurden neue Hinweise / „Polizeimethoden gefährden den Rechtsstaat“ / Kritik an der Ermittlung der Palme–Sonderkommission

Von Reinhard Wolff

Kassel (taz) - Heftige Kritik haben in Stockholm die Verteidiger von vier am Wochenende verhafteten und am Dienstag wieder auf freien Fuß gesetzten Kurden geäußert. „Die Polizeimethoden sind nicht akzeptabel und gefährden mittlerweile den Rechtsstaat Schweden“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Rechtsanwälte. Diese haben Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die verantwortlichen Beamten erhoben. Keiner der Kurden, auch nicht der nach wie vor in Untersuchungshaft Einsitzende, wird noch mit dem Mord an Olof Palme in Verbindung gebracht. Die Verteidiger der Kurden werfen nun dem Leiter der Palme–Sonderkommission Hans Holmer vor, eine banale Gasthausschlägerei zum Anlaß einer völlig überzogenen Durchsuchungs– und Verhaftungsaktion gemacht zu haben. Tatsächlich scheint diese Schlägerei für die Polizei überaus willkommen gewesen zu sein, um endlich den Grund für einen Rundumschlag im Umfeld von Anhängern der kurdischen Organisation PKK zu haben. So wurde eine Vielzahl von Wohnungen von Kurden und ein Cafe durchsucht, das als Treffpunkt der PKK gilt. Außerdem beschlagnahmte die Polizei kistenweise Material. Gefunden wurde bei dieser Aktion offensichtlich nichts, was mit dem Mord an Palme in Verbindung gebracht werden kann. Damit mangelt es der „Hauptspur“ von Hans Holmer und seiner Kommission weiterhin an den schon seit fast zehn Monaten gesuchten Beweisen. Diese „Hauptspur“ - ein angebliches Mordkomplott der PKK - wird in Kreisen der Polizei und der Staatsanwaltschaft mittlerweile stark angezweifelt. „Holmer hat sich verrannt“, lautet eine inzwischen auch öfentlich geäußerte Kritik. Die in Presse und Fernsehen ausgetragenen Konflikte innerhalb der ermittelnden Behörden haben dazu geführt, daß die Zweifel gewachsen sind, ob der Mord an dem schwedischen Ministerpräsidenten jemals aufgeklärt werden kann. Zu viel scheint in den Tagen nach dem Mord falsch gemacht worden zu sein. Eine parlamentarische Kommission, die die gesamte Fahndungsarbeit überprüfen soll, wird Anfang des nächsten Jahres ihren Bericht vorlegen. Erste Indiskretionen lassen erwarten, daß dieser Bericht für die Polizei vernichtend ausfallen wird.