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RTL plus wieder ausgebootet

■ Auch in Niedersachsen soll SAT 1 über den Äther gehen / Kabel–Milliarden sinnlos verbuddelt? / RTL plus vermutet politische Gründe / Niedersachsen kündigt Gebührenvertrag

Aus Hannover Axel Kintzinger

Nach Berlin soll auch in Niedersachsen ab Mitte des nächsten Jahres der vom Springer–Verlag dominierte Fernsehsender SAT 1 über herkömmliche Antennen zu empfangen sein. Die Entscheidung dafür sei, so berichtete die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ in ihrer gestrigen Ausgabe, in der Staatskanzlei gefallen. Eine Regierungssprecherin hat diese Meldung am Dienstag bestätigt. Die Sendelizenz für SAT 1 soll bereits im Februar formell vom Landesrundfunkausschuß vergeben werden. Dieses Vorgehen hat beim SAT 1–Konkurrenten „RTL plus“ große Verärgerung hervorgerufen. Nachdem der in Luxemburg ansässige Sender schon bei der Vergabe der Berliner Frequenzen an SAT 1 (siehe taz vom 22.12.) kritisierte, daß hierbei „nicht nach sachlichen Kriterien, sondern aus politischer Opportunität“ entschieden worden sei, fühlt man sich durch die hannoversche Entscheidung in dieser Einschätzung bestätigt. Zudem gebe es bei der Entscheidung der Albrecht–Regierung verfassungsrechtliche Bedenken. Die vom Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Rundfunkurteil festgeschriebene Staatsferne sei, so RTL– Sprecher Schmidt zur taz, nicht gegeben und daher anfechtbar. Auch hinter der Lizenzvergabe in Hannover vermutet Schmidt politische Gründe. Im Gegensatz zum rechtslastigen SAT 1 gilt „RTL plus“ in Branchenkreisen als halbwegs liberal. Das Senden über den Äther ermöglicht SAT 1 einen schnellen Beginn der Produktion auch ohne größere technische Vorbereitungen. Bislang wurde davon ausgegangen, daß private Fernsehprogramme nur über die von der Post verlegten breitbandigen Kupferkabel zu empfangen seien. Im Wettlauf der beiden großen privaten Fernsehsender hat „RTL plus“ mit der Berliner und der hannoverschen Entscheidung eine erhebliche Schlappe einstecken müssen. Weil SAT 1 unter diesen Bedingungen mit einer sehr viel größeren Zuschauerzahl rechnen kann als bisher, wird sich auch die Werbewirtschaft zunehmend auf diesen Sender konzentrieren. Nach Bayern, Baden–Württemberg und Rheinland–Pfalz hat nun auch Niedersachsen den Gebührenstaatsvertrag gekündigt. Die vier unionsregierten Bundesländer vollzogen diesen Schritt als Reaktion auf die erneut geplatzten Verhandlungen um einen Medienstaatsvertrag.

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