: US–Demokraten auf Konfrontation
■ Drei Gesetze könnten Reagans Rüstungsprogramm blockieren / Steuererhöhungen nicht ausgeschlossen
Washington (ap/dpa) - Das US– Repräsentantenhaus ist gleich zu Beginn seiner neuen Sitzungsperiode am Dienstag im Bereich der Rüstungskontrolle und der Wirtschaftspolitik auf Konfrontationskurs zur Regierung gegangen. Die Demokraten, die erstmals seit 1981 wieder in beiden Häusern des Kongresses über die Mehrheit verfügen, brachten drei Gesetzentwürfe ein, die im Falle ihrer Verwirklichung wichtige Teile von Reagans Rüstungsprogramm blockieren oder zumindest begrenzen würden. Einer der Gesetzentwürfe sieht die Beibehaltung des Testverbots von Antisatellitenwaffen gegen Ziele im Weltraum vor. In dem zweiten Antrag wird die Regierung aufgefordert, sich auch künftig an den zweiten Vertrag über eine Begrenzung der strategischen Rüstung (SALT II) zu halten. Reagan hatte erklärt, die Regierung fühle sich nicht länger an die Übereinkunft mit der UdSSR aus dem Jahr 1979 gebunden. Fortsetzung auf Seite 6 Am 22. Dezember hatten die US– Streitkräfte bereits zum 2. Mal das Rüstungskontrollabkommen mit der Indienststellung des 132. modifizierten S–52 Bombers verletzt. Der dritte Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses sieht eine Begrenzung der amerikanischen Atomwaffenversuche vor. Alle drei Anträge waren bereits im Herbst 1986 in Verbindung mit der Bewilligung von Geldern für das laufende Haushaltsjahr eingebracht worden. Sie wurden jedoch wieder fallengelassen, nachdem der Präsident vor dem Treffen mit dem sowjetischen Parteichef Mi chail Gorbatschow in Reykjavik im Oktober an den Kongreß appelliert hatte, ihm nicht in den Rücken zu fallen. Steuererhöhungen Mit 240 gegen 175 Stimmen wies das Repräsentantenhaus auch einen republikanischen Antrag zurück, für die kommenden zwei Jahre jede Steuererhöhung auszuschließen. Der neue demokratische Präsident der Kammer, Jim Wright, hatte zuvor erklärt, eine Steuererhöhung könne in Betracht kommen, um das Haushaltsdefizit zu verringern. Die Abstimmung am Dienstag hatte weitgehend symbolische Bedeutung. Im Haushaltsentwurf für das Finanzjahr 1988, dessen Volumen eine Billion Dollar übersteigt, möchte die Regierung das Defizit mit anderen Mitteln auf 108 Milliarden Dollar begrenzen. Angestrebt ist eine Verbindung von Ausgabenkürzungen und Einnahmeerhöhungen in Form von höheren Nutzungsgebühren, dem Verkauf von Staatseigentum und einer schärferen Anwendung bestehender Steuergesetze. Zusammen soll das der Staatskasse 42 Milliarden Dollar bringen. Spitzenpolitiker und Haushaltsexperten beider Parteien den. Von anderer Seite wurde die Ansicht vertreten, daß es selbst bei einem gutwilligen Kongreß nicht möglich sein werde, das Defizit auf 108 Milliarden Dollar zu senken, weil die wirtschaftliche Lage im Finanzjahr 1988 übermäßig optimistisch eingeschätzt worden sei. Iran–Contra–Affäre Der Senat billigte bei seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag formell die Einsetzung eines Sonderausschusses zur Untersuchung der Iran–Contra–Affäre. Der Ausschuß, dessen sechs demokratische und fünf republikanische Mitglieder bereits im Dezember bestimmt worden waren, wurde aufgefordert, seine Ermittlungen bis zum 1. August abzuschließen. Vor der Abstimmung hatten sich Demokraten und Republikaner im Streit um die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts des Geheimdienstausschusses des Senats, der im Dezember zahlreiche Zeugen zur Iran–Contra–Affäre befragt hatte, auf einen Kompromiß geeinigt. Danach soll der neue Sonderausschuß entscheiden, ob der 159 Seiten starke Report publik gemacht werden soll. Reagan hatte sich empört, daß der Geheimdienstausschuß den Bericht nicht veröffentlichen wollte. Es gab hinsichtlich der Rolle Reagans bei der Geldumleitung drei Fassungen. In der abschließenden Version heiße es nur, der Ausschuß habe „keine Informationen“, daß Reagan und CIA– Chef William Casey im voraus Kenntnis davon hatten.
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