: I N T E R V I E W „Ich will mich reintegrieren“
■ Don Luis Otero Fernandez ist einer der neun Offiziere, die 1976 wegen Mitgliedschaft in der UMD verurteilt wurden. Im Frühjahr 1986 war er in der Anti–NATO–Bewegung aktiv.
taz: Die sozialistische Regierung ließ sich mit dem Vorschlag einer Rehabilitierung für die UMD vier Jahre Zeit seit ihrem Amtsantritt. Ist diese Verzögerung als Schwäche gegenüber rechten Kräften und Widerständen im Militär zu werten? Otero: Da spielt eine generelle Schwäche eine Rolle, ich denke aber, daß das Ganze vielleicht auch eine Art Taktik war: Die letzten vier Jahre spanischer Militärpolitik waren zum größten Teil von der Integration Spaniens in die NATO bestimmt. Dafür brauchte die Regierung ein Klima der Ausgeglichenheit und Zustimmung in den Verhandlungen mit den Streitkräften. Sie hatte sich gegenüber der Militärspitze zu behaupten, gegenüber Generälen, die noch im Bürgerkrieg gedient hatten und für deren Verbleib man sich entscheiden hatte. Sie stellten während der letzten vier Jahre einen Widerpart dar. Das Tauschgeschäft, das die Sozialisten für das Ruhigbleiben, die Neutralität und die Zusammenarbeit mit dem Militär eingingen, bestand im Verzicht auf die Erwähnung des konfliktgeladenen Themas „UMD“. Ist es für Sie nicht eine erneute Diskriminierung, wenn die Regierung davon ausgeht, die UMD–Mitglieder würden durch ein Amnestiegesetz moralisch entschädigt und zufriedengestellt und hätten sowieso kein Interesse an einer vollen Wiedereingliederung ins Militär? Ich kann dazu nur sagen: Mich hat die Regierung noch niemals gefragt, was ich zu tun gedenke. Ich habe in der Öffentlichkeit immer erklärt, daß ich mich reintegrieren will. Jedenfalls bin ich nicht bereit, irgendeine Art von Beschränkung zu akzeptieren. Wenn sie solche Auflagen beabsichtigen, wenn sie so etwas sogar ins Gesetz mit aufnehmen, dann wäre das nicht nur eine erneute Diskriminierung, sondern auch ein Gesetz, das zu überhaupt nichts taugt. Wollen Sie denn alle ganz ins Militär zurück, oder haben Sie inzwischen - vielleicht angenehmere - zivile Berufe? Einige wollen die volle Wiedereingliederung, andere nicht. Wir werden alle unsere Rehabilitierung annehmen. Die Regierung Calvo Sotelo suchte 1982 die Zustimmung der Bevölkerung zum Beitritt zur NATO gerade durch das Bonbon, die NATO erleichtere eine „Demokratisierung“ des putschlüsternen spanischen Militärs. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der derzeit laufenden Militärreform und der NATO–Integration? Ich meine, daß eine wirkliche Reform noch aussteht, weil es bis jetzt noch keinen Wandel in der militärischen Ausbildung gegeben hat. Es gibt keine klare neue ideologische Orientierung darüber, was die Aufgabe des Militärs sein soll. Die NATO–Inte alles andere als Demokraten. Das türkische Militär hat auch seit Jahren kosmopolitische Erfahrungen und ist deshalb nicht demokratischer geworden. Wäre eine ähnliche Aktion wie der Putschversucht vom 23. Februar 1981 heute und in Zukunft denkbar? Ein Putsch scheint mir ziemlich unwahrscheinlich, jedenfalls auf kurze Sicht. Und wenn er auf die gleiche Art gemacht wird wie damals, erst recht. Putschisten genießen derzeit kein großes Prestige mehr in der Armee. Das Gespräch führte Martina Fischer
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