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Keine Resonanz für Neinsager in Manila

■ Verfassungsreferendum auf den Philippinen gilt als Meßlatte für Aquinos Position / Entwurf bleibt vage in wichtigen Details wie der Landreform / Zweikammersystem sichert Macht der Oligarchen / Schreckgespenst Marcos sorgt trotz allem für breite Front der Jasager

Aus Manila Nina Boschmann

„Wie wählst du am 2. Februar?“, wird auf der seitenfüllenden Anzeige der Tageszeitung „Malaya“ gefragt, und die Entscheidung soll dem Betrachter leicht gemacht werden. Nur ein kleines Eckchen links oben auf dem Abstimmungszettel ist für die Widerspenstigen und ewig Gestrigen aufgeführt: Ex–Diktator Marcos, die Kommunistische Partei, die NPA– Guerilla, der gefeuerte Verteidigungsminister Enrile, der Gewerkschaftsdachverband KMU und die Bauernorganisation KMP. Der Rest der Seite gehört dem Volk, sprich Hunderten von begeisterten Jasagern und einer triumphierenden Corazon Aquino. Heute ist die Abstimmung über die neue philippinische Verfassung, der fünften und sicherlich umstrittensten der philippinischen Republik. Doch es wird weniger um die Inhalte des Dokuments gefochten als um die Seriösität und Popularität der Personen und Organisationen, die dafür oder dagegen sind, allen voran die Präsidentin persönlich. Die Auswirkungen des Referendums auf die zukünftige Kultur des Landes sind mehr als zweifelhaft. Linke wie reaktionäre Oppositionen klagen, daß schon bei der Auswahl der 48 Mitglieder zur verfassungsgebenden Versammlung (kurz: Concom) nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Mindestens 14 von ihnen, so haben konservative Kolumnisten ausgerechnet, sind mit Regierungsmitgliedern verwandt oder verheiratet. Der Vorsitzende der Bürgerbewegung für Freie Wahlen, die den sauberen Ablauf der Abstimmung überwachen soll, hat selbst an dem Entwurf mitgearbeitet. Dafür waren die Krisengebiete im Süden der Philippinen und auch die sektoralen Massenorganisationen praktisch nicht vertreten. Dementsprechend ist das Ergebnis der über dreimonatigen Kommissionssitzungen ein politisches wie juristisches Kuriosum, das viel guten Willen, aber keine klaren Grundsätze und Prioritäten erkennen läßt. Da wird auf 88 abgedruckten Seiten gegen politische Dynastien gewettert, öffentlichen Angestellten bescheidener Lebensstil ans Herz gelegt, der Schutz von Familie und Natur gepredigt und eine allumfassende Landreform versprochen. Doch die entscheidenden Details werden stets dem noch zu wählenden Parlament überlassen. 25 Sitze sind dort für die Vertreter von Gewerkschaften, Bauernverbänden sowie Jugend– und Frauenorganisationen reserviert, die Peoples Power soll ein eigenständiges Gewicht erhalten.Nach US–Vorbild hat sich die Concom für ein kompliziertes Zweikammersystem mit einem Senat und Repräsentantenhaus entschieden, nach Ansicht der umworbenen Massenorganisation die beste Garantie für eine Herrschaft der alten Oligarchie. Nur zwei Kommissionsmitglieder haben gegen den Entwurf gestimmt, einer davon ist Jose Juarez, ein linker Bauernanwalt. Er hat schon 1973 gegen Marcos Kriegsrechtsverfassung gestimmt. „Die Concom hat versucht, Gesetze statt einer Verfassung zu schreiben“, sagt er, „aber dazu war zu wenig Zeit und das Ergebnis ist letztlich lang und schwammig. Immer noch kann die Präsidentin für 60 Tage die Grundrechte außer Kraft setzen. Was hat Marcos nicht alles in den ersten 60 Tagen nach dem Kriegsrecht gemacht? Alle Ländereien sollen von der Agrarreform erfaßt werden. Aber welche von ihnen Prio rität haben, wird nicht gesagt. Viele wichtigen Abstimmungen wurden in der Concom von knappen Mehrheiten entschieden.“ Und wie die zustande kamen, ist auch nicht immer astrein. Ein Punktsieg ging in der vergangenen Woche an die rechte Opposition, denen ein Tonband über ein Tele fongespräch zwischen Aquino und Berater Arroyo in die Hände fiel. Aus dem zwar illegal abgehörten, aber als echt identifizierten Dialog geht hervor, daß die Regierung offenbar im Zusammenhang mit Aquinos US–Reise im vergangenen September Überlegungen angestellt hat, wie man die Absätze über die US–Basen und die Lagerung atomarer Waffen moderat halten könnte. In Anbetracht derartiger Enthüllungen mag sich denn auch kaum eine der kritischen Massenorganisationen voll und ganz hinter den Entwurf stellen. „Ich mag das Ding nicht“, sagt zum Beispiel Serge Tscherniguin von der Zuckerarbeitergewerkschaft NFSW, „doch um der politischen Einheit willen werden wir Aquino unterstützen.“ Wie die NFSW sind die meisten Initiativen der Ansicht, daß bei näherer Betrachtung die negativen Aspekte bei weitem die positiven überwiegen. Aber wer will schließlich mit Altvorderen wie den Führern der Marcospartei KBL in einem Zweckbündnis sitzen, die den Entwurf vor allem deshalb ablehnen, weil sie Aquino keine sechsjährige Amtszeit gönnen. Eindeutig gegen die Verfassung haben sich letztendlich nur drei Gruppen der Linken ausgesprochen: Der mächtige Gewerkschaftsdachverband KMU, der den Entwurf vor der Entlassung von Arbeitsminister Sanchez unterstützte, die Bauernorganisation KMP und Concom–Mitglied Jimmy Tadeo (der zweite Neinsager im illustren Kreis) und die National Democratic Front mit ihren Mitgliedern NPA und CPP. „Anti– People“, gegen das Volk gerichtet, sei das Dokument. Aber ob das Volk das weiß, ist nicht so sicher. Meinungsumfragen sagen eine Zweidrittelmehrheit für Aquino voraus und auch die eigenen Reihen sind flexibel. Pater Pellobello vom NDF–Waffenstillstandkomitee in Negros meint: „Wir haben unsere Lektion (aus dem Wahlboykottdesaster vom vergangenen Februar) gelernt. Das Volk soll selbst die guten und die schlechten Seiten abwägen.“

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