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Redakteur des Plärrer verurteilt Nationalhymne verunglimpft

■ Vier Monate Haft auf Bewährung für Veröffentlichung einer Umdichtung des Deutschlandliedes

Nürnberg (taz) - Wegen Verunglimpfens der Nationalhymne verurteilte am Freitag das Nürnberger Amtsgericht den verantwortlichen Redakteur des Stadtmagazins Plärrer zu vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Damit wird der Abdruck einer satirischen Nachdichtung des Deutschland–Liedes in der beschlagnahmten Septemberausgabe 86 des Nürnberger Stadtmagazins geahndet. Die Nachdichtung (“Deutsche Cola, deutsche Peepshow, Deutsche Mark und deutsche Samenbank, Solln zu edler Tat begeistern, Uns das ganze Leben lang“) zeichne eine Realität nach, „die einer Nationalhymne nicht gut be kommt“. Der Angeklagte könne sich hier nicht auf die Freiheit der Kunst berufen, da bei der nötigen Abwägung der Verfassungsgüter der Schutz der Nationalhymne eindeutig im Vordergrund stehe, urteilte das Gericht. Dem Angeklagten sei es unbenommen, wenn ihm die Hymne „piepegal“ sei, in der Bundesrepublik gebe es jedoch Millionen Menschen, die das anders empfinden würden. Den Einwänden des Angeklagten, bei der Anlehnung an die Nationalhymne handele es sich um einen satirischen Kunstgriff und um ein Stilmittel wie es schon Heinrich Heine, Erich Mühsam und Bert Brecht verwandt hätten, hielt Richter Ackermann entgegen, bei diesen „habe ich wenigstens ein Versmaß“. Die drei hätten durchaus „ätzende Kunst“ produziert, aber eine derartige Verächtlichmachung hätte keiner von ihnen gebracht. „Wenn man sich eines Stilmittels zu sehr bedient, dann ist es kein Stilmittel mehr, dann geht es zu weit.“ Damit der Angeklagte nicht glaube, mit der Bewährung frei ausgehen zu können, und um „den angerichteten Flurschaden bei der Bekämpfung des Waldschadens wiedergutzumachen“, verhängte Vorsitzende Richter Ackermann zusätzlich noch eine Geldstrafe von 1.500 DM, zahlbar an die „Umwelthilfe e.V.“. Der angeklagte Redakteur will gegen das Urteil Berufung einlegen. wg.

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