: Demos gegen US–Atomtest angekündigt
■ US–Regierung verlegt Atomtest wegen Protestaktionen zwei Tage vor / Sowjetische Politiker und Medien sprechen von „empörendem Akt“ / Auswirkungen auf Genfer Verhandlungen noch unklar / Labour: USA wollen Gorbatschows Reformkurs torpedieren
Las Vegas/Moskau (ap) - US– amerikanische Rüstungsgegner haben für Donnerstag eine Massendemonstration in Nevada gegen den jüngsten unterirdischen Atomversuch der USA angekündigt, der am Dienstag unternommen wurde. Sowjetische Medien nannten am Mittwoch den Versuch einen „empörenden Akt“ angesichts des seit 18 Monaten geübten freiwilligen Verzichtes der UdSSR auf solche Tests. Schon wenige Stunden nach der Explosion des nuklearen Sprengsatzes in der Wüste von Nevada, der ersten in diesem Jahr, erklärte die sowjetische Nachrichtenagentur TASS, US–Präsident Reagan habe die Chance vertan und eine Wiederaufnahme der sowjetischen Kernwaffenversuche, die dann „mit verdoppelter Energie“ betrieben werden würden, gera dezu herausgefordert. Die UdSSR hat die USA wiederholt aufgefordert, sich ihrem Moratorium anzuschließen. Der ursprünglich für Donnerstag geplante Test war auf Dienstag vorverlegt worden. Gruppen amerikanischer Atomwaffengegner erklärten, die Vorverlegung sei angesichts geplanter Protestdemonstrationen an Ort und Stelle erfolgt. Der Sprecher des Energieministeriums bestätigte, daß dies mit ein Grund gewesen sei. Der sowjetische Außenminister Schewardnadse verlangte schon vor dem Bekanntwerden des Tests die Einstellung der Nukleartests. Auf sowjetischer Seite seien für die weitere Fortsetzung ihres Testmoratiorums „alle Möglichkeiten fast ausgeschöpft“. Wenn die USA die Nukleartests fortsetzten, könne die UdSSR nicht länger ohne Risiko für ihre Sicherheit „von nuklearen Explosionen Abstand nehmen“. Die entscheidende Frage für die Rüstungskontrollgespräche in Genf lautet nun, ob trotz des Atomtests in Nevada Abrüstungsverträge möglich sind. Reagan hat erst zu Beginn der siebenten Runde noch einmal versichert, er wolle sich sein SDI–Programm für eine Raketen–Abwehr im Weltraum von Moskau nicht „erkrüppeln“ lassen. Der Kreml fordert eine Beschränkung der SDI–Forschungen auf das Labor, was die USA bisher strikt abgelehnt haben. Gorbatschow hat beim Gipfeltreffen mit dem Präsidenten in Reykjavik sein eigenes „Paket“ geschnürt. Es besagt, daß es Abkommen in den drei Bereichen der Rüstungskontrolle nur gemeinsam geben könne. Mit anderen Worten: Solange Reagan bei SDI nicht nachgibt, sind Einzelverträge, wie etwa einer für die Mittelstreckenwaffen, nicht denkbar. Überlegungen, diese harte Verhandlungsposition aufzugeben, scheinen mit dem amerikanischen Atomtest torpediert.
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