: Zwei Aufrufe zur Palästinenser–Demo
■ Bundestagsfraktion der Grünen einigt sich auf eigenen Aufruf zur Palästinenser–Demo heute in Bonn / Schily warnte vor Fehler der Linken, mit Nahem Osten immer auch Israel zu kritisieren
Aus Bonn Ursel Sieber
Nach einer zum Teil heftig geführten Auseinandersetzung hat die Grünen–Bundestagsfraktion am Donnerstag abend einen eigenen Aufruf zu der Palästinenser–Demonstration beschlossen, die heute in Bonn stattfindet. Den Aufruf, den nach wie vor der Bundesvorstand der Grünen, Medico International und der „Trägerkreis Rettet die Palästinenser im Libanon“ mittragen, wollte die Fraktion nicht unterschreiben. Der Grund lag in Formulierungen über die Mitverantwortung Israels an der Situation der Palästinenser sowie ein Satz, der zwar das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser unter Führung der PLO, nicht aber das Existenzrecht des Staates Israel thematisiere. Der letzte Punkt allerdings war am Donnerstag abend schnell ausgeräumt: Zwei Entwürfe - einen von den Realpolitikern Schoppe und Wetzel; einen von den Ökosozialisten um Reents und Volmer - lagen vor. Beide betonten das Existenzrecht Isreals. Doch dann setzten die Kontroversen ein: Mehrere Redner des realpolitischen Flügels kritisierten an dem Reents/Volmer–Text Sätze wie „Gleichzeitig setzt die israelische Regierung ihre Bombardierungen palästinensischer Siedlungen im Libanon fort“. Wetzel sprach von einem „geradezu perversen Bedürfnis, Israel auf Teufel–komm– raus in den Mittelpunkt zu ziehen“; Schily sagte, man dürfe nicht in den alten Fehler der Linken vefallen und im Nahen Osten nur etwas kritisieren, wenn auch Isreal gemeint sei. Dem widersprachen Reent und Ebermann: Es sei nicht einzusehen, warum „die Verwicklung Israels“ in den Lagerkrieg unerwähnt bleiben sollte. Der Schoppe/Wetzel–Aufruf versuche dagegen, „alle heißen Eisen auszusparen“ und ziele vor allem auf „humanitäre Hilfe“, wie Beck–Oberdorf monierte. Dennoch wurde vorgeschlagen, den Schoppe/Wetzel–Text zur Grundlage des gemeinsamen Aufrufs zu nehmen - ein Ausdruck der Lagerbildung in der Fraktion. So wurde schließlich entschieden: „Das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser in einem eigenen Staat“ wurde ergänzt durch den Zusatz „an der Seite Israels“. Daß „die israelische Regierung ihre Bombardierungen im Libanon“ fortsetzt, wird ebenfalls verurteilt. Und die grüne Fraktion fordert von der Bundesregierung nun die „Garantie für einen Daueraufenthalt“ für palästinensche Flüchtlinge und eine Soforthilfe von 100 Millionen DM für die in Flüchtlingslagern lebenden Palästinenser. Gefordert wird nun doch die Anerkennung der PLO „als Vertretung des palästinensischen Volkes“. Demo: Heute 12 Uhr, Bonn–Bad Godesberg, Mittelstr./Ecke Kennedyallee
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