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Schlechtes Vorbild

■ Zu den Gesetzen gegen die britischen Gewerkschaften

Es ist noch gar nicht so lange her, da haben progressive deutsche Gewerkschafter mit leuchtenden Augen nach England geschaut. Dort fanden sie alles, was ihnen hier in ihrem tristen staatstragend–sozialpartnerschaftlichen Alltag abging: ungebrochenen gewerkschaftlichen Radikalismus, spontanen Klassenkampf, unverstellte, offene Feindschaft der Arbeiter und ihrer Gewerkschaftssprecher gegen Kapital und Staat. Heute muß die Gewerkschaftslinke froh sein, daß sie es nie geschafft hat, hierzulande „englische Verhältnisse“ herzustellen. Der forcierte Radikalismus einiger Streikbewegungen hat eine Stärke der englischen Gewerkschaftsbewegung vorgetäuscht, die schon längst nicht mehr besteht. Häufig fehlte den Aktionen eine zweifelsfreie Legitimation durch die Mitglieder. Isolation und Spaltung sind die Folge. Jetzt müssen sich die britischen Gewerkschaften von der konservativen Regierung Regularien zur inneren Demokratie verordnen lassen, die seit jeher zum Kern der innergewerkschaftlichen Willensbildung der deutschen Gewerkschaften gehören. Die britischen Gewerkschaften sind in ihrem ideologisch antiquierten Radikalismus stecken geblieben, haben sich von der Gesellschaft und einem Großteil ihrer Mitglieder isoliert. Sie haben es versäumt, die spezifischen Interessen einzubetten in ein überzeugendes gesellschaftspolitisches Konzept. Ihre Politik erscheint als partikularer Lobbyismus, der auch dann nicht überzeugender wirkt, wenn er radikal vorgetragen wird. Martin Kempe

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