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Alarm für die Kohle– und Stahlreviere

■ Die Krise der Stahlindustrie und des Steinkohlebergbaus bedroht vorwiegend SPD–regierte Länder Streit um Subventionen auch bei den Grünen / Poker um den „Jahrhundertvertrag“ im Bergbau

Der Wirbel um die Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Bangemann über das unvermeidliche Ende der Stahlindustrie ging auch am Mittwoch weiter. Die Bundesregierung will laut einer Kabinettserklärung von Bundeskanzler Kohl der von der Krise bedrohten Stahlindustrie und dem ebenfalls ums Überleben kämpfenden Kohlebergbau Hilfestellung für die notwendigen Anpassungsprozesse geben. Indirekt setzte er sich damit von den Interview–Äußerungen seines Wirtschaftsministers ab, der sich nach wie vor vonder Tageszeitung Welt falsch zitiert fühlt. Auch die Grünen–Abgeordnete Christa Vennegerts ist der Meinung, daß die Stahlindustrie langfristig keine Überlebenschance hat. Im Bergbau läuten ebenfalls die Alarmglocken und in Oberhausen veranstalteten Gewerkschaftsjugendliche ein Tribunal gegen die Stahlbosse.

Der stellvertretende FDP–Sprecher Goebel hat am Mittwoch gegenüber der taz die neueste Darstellung der Welt, wonach Goebel über den Inhalt des angeblichen Bangemann–Interviews unterrichtet worden sei und die Veröffentlichung gebilligt habe, als „vollkommen unzutreffend“ bezeichnet. Das Interview habe nicht stattgefunden und die Veröffentlichung der Welt sei „inhalt lich weder schriftlich noch mündlich“ mit ihm abgestimmt worden. Das von der Welt ihm zugeschriebene Zitat, „das ist gut, dann machen Sie es so“, sei „falsch“. Die wörtlich in der Welt wiedergegebene Bangemann–Rede belegt die entscheidenden Interviewaussagen in der Tat nicht. In der Rede heißt es: „Aber ich bin nicht bereit, Industrien, die nicht lebensfähig sind, am Leben zu erhalten, weil ich damit die wirtschaftliche Zukunft der ganzen Bundesrepublik gefährde“.Die entsprechende Passage im Interview lautet, unter Bezug auf die Kohle– und Stahlindustrie: „Aber wir werden diese Industriezweige nicht am Leben halten können, weil sie nicht mehr lebensfähig sind und damit die ganze Wirtschaft der Bundesrepublik gefährdet wird“. Weder hat Bangemann in seiner Rede die Stahlindustrie insgesamt für nicht wettbewerbsfähig erklärt, noch deren Subvention gänzlich ausgeschlossen. J.S.

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