: Kälbertod neu untersuchen
■ Im Landkreis Traunstein wurde auffälliges Kälbersterben beobachtet / Der bayerische SPD–Agrarsprecher fordert eine neue flächendeckende Untersuchung zu Tschernobyl–Folgen
Aus München Luitgard Koch
Alle sieben Jungkühe eines Landwirts aus dem oberbayerischen Landkreis Traunstein brachten Früh– und Totgeburten zur Welt oder Kälber mit schweren Mißbildungen. Die Jungkühe mußten nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auf die Weide getrieben werden, da das Trockenfutter nicht mehr ausreichte. Im Gegensatz dazu war beim Nachwuchs weiterer 26 Kühe, die wegen der Strahlenbelastung nicht auf die Weide getrieben wurden, keine Auffälligkeit festzustellen. Die Angaben des Landwirts wurden von einem Tierarzt bestätigt. Die verharmlosende Erklärung der bayerischen Staatsregierung, Tschernobyl habe zu keinen Mißbildungen bei Kälbern geführt, läßt sich nach Ansicht des agrarpolitischen Sprechers der SPD– Landtagsfraktion, Gustav Starzmann, danach auf keinen Fall aufrechterhalten. Landwirtschaftsminister Eisenmann (CSU) hatte weitere Untersuchungen für nicht notwendig erachtet. Der SPD–Agrarsprecher weist jedoch darauf hin, daß die statistischen Berechnungen des bayerischen Landwirtschaftsministeriums, nach denen sich die Rate der Totgeburten zwischen Februar 1986 und Januar 1987 kaum erhöht habe, lasse drei wesentliche Aspekte außer acht. Zum einen sei der Zeitraum falsch angesetzt. Gefährdet seien Kälber gewesen, wenn die Zeugung zehn Wochen vor bis zehn Wochen nach Tschernobyl erfolgte. Deshalb hätten Zeiträume verglichen werden müssen, die nur einen Teil des Jahres 1986 ausmachen und bis weit in das laufende Jahr reichen. Außerdem verschleiere die landesweite Statistik besondere Auffälligkeiten in den radioaktiv stark belasteten Gebieten. Starzmann fordert erneut großflächige und detaillierte Untersuchungen in den besonders belasteten Gebieten, die sich über den Zeugungszeitraum von jeweils zehn Wochen vor und nach Tschernobyl erstrecken, sowie Vergleichsuntersuchungen in gering belasteten Regionen Bayerns.
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