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IG Metall: Streik rückt immer näher

■ Im Tarifkonflikt um die 35–Stunden–Woche ist kommendes Spitzengespräch der letzte Versuch einer Einigung Arbeitgeberverband warnt vor Streikfolgen / Zugeständnisse „wegen der wirtschaftlichen Lage nicht möglich“

Hamburg (dpa) - Im Tarifkonflikt der Metallindustrie um die 35–Stunden–Woche rückt nach Ansicht der IG Metall ein Streik immer näher. Das geplante Spitzengespräch der Tarifpartner in dieser Woche sei der letzte Versuch einer Einigung, betonte am Wochenende das Vorstandsmitglied der IG Metall, Klaus Zwickel. Er unterstrich zugleich die Bereitschaft der Gewerkschaft, einen Stufenplan zur Einführung der 35–Stunden–Woche auszuhandeln. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte davor, daß ein Fehlschlag des Spitzengesprächs, dessen Termin an diesem Montag bekanntgegeben werden soll, „sehr ernste“ Konsequenzen hätte. Der Metallindustrie sei es aufgrund der Wirtschaftslage nicht möglich, einem Tarifkompromiß mit weitreichenden Zugeständnissen zuzustimmen, sagte Gesamtmetall–Hauptgeschäftsführer Dieter Kirchner am Sonn tag in einem dpa–Gespräch. Ein Streik würde nach seinen Worten in eine Phase des Konjunkturabschwungs und der für die Metallindustrie besonders miserablen Geschäftserwartungen fallen. Die Metall–Arbeitgeber haben nach eigenen Angaben inzwischen das tarifliche Schiedsgericht angerufen. Es soll geklärt werden, ob bis Ende April noch die Friedenspflicht für die IG Metall besteht und die laufenden Warnstreiks rechtswidrig sind. Ein Spruch des Schiedsgerichts, das mit je zwei Vertretern der Gewerkschaft und der Arbeitgeber sowie einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, sei für die Tarifparteien verbindlich. Bei den Tarifverhandlungen für Nordrhein–Westfalen, die am 24. April fortgesetzt werden sollen, waren die Tarifpartner nach Arbeitgeberangaben am Freitag abend „ein Stück weitergekommen“ als in Nordwürttemberg/ Nordbaden, wo die Schlichtung eingeleitet wurde. Der von der IG Metall vorgelegte Stufenplan zur Arbeitszeitverkürzung wurde allerdings von den Arbeitgebern als „nicht verantwortbar“ abgelehnt. Die IG Metall hatte eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in drei Stufen - zunächst 1,5 Stunden und dann zweimal eine Stunde - auf 35 Stunden gefordert. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Ludolf von Wartenberg (CDU), bezeichnete einen möglichen Streik in der Metallindustrie als eine „ganz schwere und schädliche Belastung der deutschen Wirtschaft“. In einem Interview (Kölner Express/Montagausgabe) vertrat er die Ansicht, daß eine lange Tarifauseinandersetzung oder zu hohe Lohnabschlüsse die „ohnehin schon schwere Stahlkrise“ noch zusätzlich verschärfen könnte. DGB– Chef Ernst Breit meinte dagegen im Süddeutschen Rundfunk, ein Streik würde auch den Arbeitslosen helfen, wenn er zur Verkürzung der Arbeitszeit führe. Diese habe bisher 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Die IG Chemie sprach sich am Wochenende für eine differenzierte Arbeitszeitpolitik in den einzelnen Branchen aus. Gewerkschaftschef Hermann Rappe plädierte dafür, eine Arbeitszeitregelung für das Gesamtjahr zu finden, bei der Arbeitnehmer zusätzliche bezahlte Freizeit für ihre berufliche Weiterbildung erhalten. Zwischenschritte auf dem Weg zur 35–Stunden–Woche könnten auch Arbeitszeitverkürzungen nach Lebensalter sowie der Vorruhestand sein. Die IG Chemie setzt sich außerdem für eine 33,6–Stunden–Woche für Schichtarbeiter ein. Für die 162 000 Beschäftigten der bundesdeutschen Druckindustrie gehen die Tarifverhandlungen an diesem Montag in Düsseldorf in die dritte Runde.

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