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USA liefern Ex–Nazi Linnas an die UdSSR aus

■ Den mutmaßlichen Kriegsverbrecher und KZ–Kommandanten Karl Linnas erwartet nach seiner Auslieferung die Todesstrafe / Etwa 30 weitere Fälle vor US–Gerichten

Aus Washington Stefan Schaaf

Die USA haben am Montag zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg einen mutmaßlichen Nazi–Kriegsverbrecher an die Sowjetunion ausgeliefert. Karl Linnas befindet sich nach einem Zwischenstopp in Prag auf dem Weg nach Moskau. Ihm wird vorgeworfen, während des Hitler–Faschismus das Konzentrationslager Tartu in Estland geleitet und mehrfach an Hinrichtungen von Juden teilgenommen zu haben. Er ist 1962 in der UdSSR in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. In den USA kann er wegen dieser Vorwürfe nicht belangt werden, doch wurde ihm zur Last gelegt, bei seiner Einbürgerung über seine Nazi–Vergangenheit falsche An gaben gemacht zu haben. Deswegen wurde ihm 1982 die US– Staatsbürgerschaft aberkannt. Vor einer Woche wurde noch damit gerechnet, daß Bemühungen von US–Justizminister Meese, Linnas nach Panama abzuschieben, Erfolg hätten, doch hatten jüdische Organisationen dagegen erfolgreich protestiert. Für Linnas Ausbürgerung und Abschiebung sorgte das „Büro für Sonder–Ermittlungen“ (OSI) im US–Justizministerium, das 1979 gebildet wurde, um Nazi– Kriegsverbrecher in den USA aufzuspüren. Zahlreiche faschistische Kollaborateure aus osteuropäischen Ländern waren nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA emigriert und während des Kalten Krieges als Experten über ihre Heimatländer vom US–Geheimdienst angeworben worden. In den acht Jahren seines Bestehens hat das OSI durchgesetzt, daß 22 eingebürgerten US–Amerikanern die Staatsbürgerschaft aberkannt wurde und sie das Land verlassen mußten - unter ihnen auch der gegenwärtig in Israel vor Gericht stehende John Demjanjuk. Etwa 30 Fälle stehen zur Zeit vor den Gerichten, in 500 Fällen wird ermittelt. Fortsetzung auf Seite 6 Im Fall Linnas stellte sich den US– Behörden das Problem, ob man den sowjetischen Angaben über Linnas angebliche Verbrechen Glauben schenkt und ob es zu vertreten ist, ihn der zu erwartenden Hinrichtung auszusetzen. amnesty international warnte vor der Auslieferung und aus dem gleichen Grund hatte Ramsey Clark, der für seine linken Neigungen bekannte frühere US–Justizminister, sich bereiterklärt, Linnas zu verteidigen. Plumper Antisowjetismus bewegte hingegen rechtskonservative Kreise, so den vor kurzem zurückgetretenen Kommunikationsdirektor Reagans, Pat Buchanan, oder den bekannte Kolumnisten James Kilkpatrick, Bedenken gegen eine Auslieferung anzumelden. Buchanan warf am Montagabend im US–Fernsehen dem US– Justizministerium vor, Linnas einer „Lynchjustiz“ auszuliefern. Außerdem bestritt er die sowjetische Jurisdiktion über Estland, das 1940 von der Sowjetunion besetzt worden war. Allan Ryan, der ehemalige Direktor des OSI, entgegnete, Linnas Vergangenheit sei acht Jahre lang von amerikanischen Gerichten unter Zuziehung der Original–Dokumente überprüft worden. Linnas selbst habe 1961 gegenüber Reportern zugegeben, in Tartu gewesen zu sein.

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