piwik no script img

Kleines „Raketenkabinett“ tagt

■ Machtwort von Kohl zum Koalitionsstreit um Raketenabrüstung angekündigt / USA machen Druck auf Bonn: Doppel–Null–Lösung oder Aufrüstung mit neuen Mittelstreckenraketen

Hamburg (dpa) - In dem Koalitionsstreit um die Raketenabrüstung will Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) heute ein Machtwort sprechen auch hinsichtlich der Aussagen, der Sprache, der Begriffe“, sagte CDU–Generalsekretär Geißler in einem Welt–Interview. Am Montag wird Kohl zusammen mit Außenminister Genscher, Wörner (Verteidigung) und Kanzleramtschef Schäuble, (CDU), im kleinen „Raketenkabinett“ die umstrittene doppelte Null–Lösung beraten. Der sowjetische Parteichef Gorbatschow hatte eine Null–Lösung bei den Mittelstreckenraketen (1.000 bis 5.000 Kilometer) sowie bei den Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite (500 bis 1.000 Kilometer) vorgeschlagen. Genscher hatte sich für eine ernsthafte Prüfung des Vorschlags ausgesprochen. Wörner gehört zu den CDU– Politikern Sicherheitsbedenken wegen einer Überlegenheit der Sowjets im Kurzstrecken– und konventionellen Bereich erheben. Geißler erklärte, daß die CDU auch den Abbau der Überlegenheit der Sowjetunion bei den konventionellen Waffen fordere. Experten meinen inzwischen, daß Kohl der von den USA befürworteten umfassenden Null–Lösung zustimmen wird. Erst am Donnerstag hatte US–Außenminister George Shultz die Bundesrepublik vor die Alternative gestellt, entweder die Ausdehnung der Null–Lösung auf 500 bis 1.000 Kilometer weit reichende Raketen zu akzeptieren oder bisher nicht vorhandene amerikanische Raketen dieses Bereichs neu zu stationieren. Den Gegnern der doppelten Null–Lösung halten die Amerikaner entgegen, daß auch bei einer umfassenden Null–Lösung die atomare Kapazität Amerikas in Europa beachtlich sei. Schleswig–Holsteins Ministerpräsident Uwe Barschel (CDU) kritisierte die widersprüchlichen Äußerungen zur Raketenfrage. Sie würden wichtige Teile unserer „friedenssehnsüchtigen Bevölkerung“ irritieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen