: I N T E R V I E W „Wir wollen klare Verhältnisse“
■ Paul Nkuna, Vorsitzender der Witwatersrand–Region des Kongresses südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU), über die Erwartungen der Schwarzen bei den Wahlen
taz: Nach den Auseinandersetzungen der letzten Wochen scheint die Militanz der Gewerkschaftsbasis weiter gewachsen zu sein. Muß die Gewerkschaftsführung die Basis zurückhalten? Nkuna: Ja. Wir müssen sie wirklich zurückhalten. Denn wir müssen immer diszipliniert vorgehen. Es wäre selbstmörderisch, wenn wir eine Aktion starten, ohne richtig organisiert zu sein. Wir können nicht einfach streiken, ohne das zu koordinieren, auch wenn unsere Mitglieder sehr wütend sind. Sind die weißen Wahlen für Gewerkschaftsmitglieder überhaupt relevant? Höchstens in der Hinsicht, daß sie sich eher wünschen, daß die ultrarechte Konservative Partei (CP) die Wahl gewinnt. Denn die CP und die Nationale Partei sind eigentlich die gleichen, die NP ist nur subtiler in ihrer Politik. Wenn die CP an die Macht käme, wäre alles klar. Selbst den USA wäre es dann peinlich, eine solche Regierung zu unterstützen. Dann würde der wirtschaftliche Druck zunehmen. Das schadet vielleicht auch den Gewerkschaften. Aber wie lange haben unsere Mitglieder schon leiden müssen? Bisher haben sie alleine gelitten, aber mit Sanktionen würden alle leiden müssen. Das könnte dann fünf oder zehn Jahre andauern, aber das ist besser als ein Jahrhundert. Man will ja nicht, daß seine Kinder auch leiden müssen. Also leidet man lieber heute für ihre Zukunft. Was für ein Südafrika wünscht sich die Gewerkschaftsbasis? Kämpfen sie für ein sozialistisches Südafrika? Die Mehrheit der Schwarzen in Südafrika weiß nicht genau, was Kapitalismus ist. Sie haben das immer in Zusammenhang gebracht mit Rassendiskriminierung. COSATU selbst ist noch sehr jung und auch wenn wir sagen, daß wir für den Sozialismus kämpfen, ist diese Diskussion nocht nicht ausgereift. Vielleicht kann ja doch noch jemand die Schwarzen davon überzeugen, daß Kapitalismus ohne Diskriminierung möglich und gut ist. Ich selbst halte das allerdings für unmöglich. Kann es in Südafrika noch zu einer Verhandlungslösung kommen? Ich kann mir eine verhandelte Lösung wie in Zimbabwe nicht vorstellen. Wir werden für unsere Freiheit kämpfen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die südafrikanische Regierung eines morgens aufwacht und sagt: „Wir müssen die Macht teilen.“ Wir werden kämpfen müssen und nicht etwa, indem wir Protestschreiben schicken. Es wird noch viel Blutvergießen geben. Die Befreiung wird nur mit dem Gewehr erreicht werden.
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