: Spiegeleier in Kräutersauce
■ RWE baut ein ökologisch aufgemotztes Sonnenkraftwerk auf einem pfälzischen Weinberg an der Mosel
Von Imma Harms
Berlin (taz) - Die Rheinisch– Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) wollen nächstes Jahr freundlichen Solarstrom ins atomstrom–verseuchte Netz fließen lassen. Vorigen Dienstag beging das Unternehmen in Anwesenheit von Ministerpräsident Vogel und RWE–Vorstandsmitglied Klätte formell den Baubeginn zur „bisher größten Anlage zur Stromerzeugung aus Solarzellen“ in der Mosel–Gemeinde Kobern–Gondorf. Baufläche ist eine fünf Hektar große Bergkuppe oberhalb der Weinberge. Die darauf installierten Solarzellen sollen eine Leistung von 500 Kilowatt liefern. „Wir wollen nicht die schöne Mosellandschaft beeinträchtigen“, versichert RWE–Sprecher Beier, deshalb soll das Vorhaben ein ökologisches Vorzeigeprojekt werden. Man wolle die Solarflächen in die Landschaft einbinden, erläutert Beier, „nicht einfach Beton– oder Stahlmasten in die Gegend stellen“. Statt dessen will man mit verschiedenen, landschaftlich reizvollen Anbringungsarten experimentieren. Außerdem werden zwischen und unter den etwa zwei Meter großen Solarzellenflächen sogenannte Sekundärbiotope angepflanzt, Kräuter und Bewuchs, der in diesen Regionen früher heimisch war und durch die Weinmonokultur verdrängt wurde. Allerdings dürfen die Pflanzen nicht höher als 80cm werden, weil sie sonst den unteren Bereich der geneigt angebrachten Solarflächen überschatten würden. „Man wird also wohl ein– bis zweimal im Jahr Kontrollen durchführen müssen“, meint Beier. Die neue Optik für die Moselberge - überdimensionale Spiegeleier in Kräutersoße. Das Solarkraftwerk im Weinberg ist die dritte Stufe der seit acht Jahren laufenden Bemühungen des Unternehmens um den Einstieg in die Photovoltaik. In der ersten Phase, die 1979 begann, hatte die RWE zusammen mit dem Solarzellenproduzenten AEG eine mit EG–Mitteln geförderte Machbarkeitsstudie durchgeführt. 1981 schlossen sich Versuche mit zwei kleineren Solaranlagen auf dem Essener Firmengelände an. Die Kosten für das 500–KW–Projekt in Höhe von 13. Mio. DM will die RWE, deren Haupt–Aktienanteil von der Deutschen Bank verwaltet wird, allein aufbringen. Das Projekt gleicht in auffälliger Weise einem Vorhaben, das vom Bayernwerk im Verbund mit dem ebenfalls im Halbleiterbereich tätigen Siemenskonzern zur Zeit in der Oberpfalz geplant wird. Dort wird vom nächsten Jahr an auf einer auch fünf Hektar großen Fläche ein Solarkraftwerk mit ebenfalls 500 KW Leistung gebaut. Der in der Oberpfalz „geerntete“ Strom soll allerdings zur Produktion des Energieträgers Wasserstoff verwendet werden. An dem Experimentierfeld Wasserstoff–Produktion ist die Firma Linde interessiert, die neben MBB und BMW einer der Träger des bayerischen Projektes ist.
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