Bankherren drohen mit Sanktionen

■ Über 4.000 Bankangestellte begleiten Urabstimmung mit Warnstreik / Arbeitgeber halten für illegal, was sie selbst praktizieren / Rundschreiben des Arbeitgeberverbandes an Mitgliedsinstitute im privaten Bankgewerbe

Aus Berlin Martin Kempe

Der Tarifkonflikt im Bankgewerbe hat sich gestern zugespitzt. Die Arbeitgeber des privaten Bankgewerbes haben in einem der taz vorliegenden Schreiben vom 4. Mai angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Gewerkschaften einzuleiten, wenn diese nach Auffassung der Arbeitgeber zu rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen aufrufen. Arbeitnehmern, die an solchen Aktionen teilnehmen, wird Abmahnung und sogar fristlose Entlassung in Aussicht gestellt. Der in Köln ansässige „Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e.V.“ fordert in dem Schreiben an die „Direktionen bzw. die Herren Geschäftsführer“ auf: „Wir bitten Sie, uns über gewerkschaftliche Aktionen, die gegen diese Friedenspflicht verstoßen, sofort zu unterrichten, damit wir imstande sind, rechtliche Schritte gegenüber den Gewerkschaften einzuleiten.“ Im Falle solcher rechtswidriger Aktionen bestehe der Anspruch der Arbeitgeber auf Arbeitsleistung. Die Bankherren werden über ihre Einschüchterungs– und Disziplinierungsmittel aufgeklärt: „Wir empfehlen Ihnen,... die Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, daß ihre Teilnahme an unzulässigen gewerkschaftlichen Aktionen rechtswidrig ist. Nehmen die Arbeitnehmer trotzdem an unzuläs sigen gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahmen teil, kann eine Abmahnung erfolgen. Kommt es zu einer beharrlichen Arbeitsverweigerung, können die Streikenden fristlos entlassen werden.“ Bei der Erläuterung dessen, was eine rechtswidrige gewerkschaftliche Arbeitskampfmaßnahme sei, verstricken sich die Arbeitgeber allerdings in Widersprüche zu ihren eigenen Positionen im laufenden Tarifkonflikt. Streikaktionen, so heißt es, seien derzeit nur im Zusammenhang mit den Lohntarifen zulässig. Die Arbeitszeitthematik sei dagegen im ungekündigten Manteltarifvertrag geregelt und dürfte deshalb nicht in Streikaufrufe einbezogen werden. Tatsächlich haben die Arbeitgeber am 23. April die Verhandlungen über die Lohntarife einseitig abgebrochen, weil die Gewerkschaft sich geweigert hatte, ihre Flexibilisierungsforderungen mit den Lohnverhandlungen zu verknüpfen. Stattdessen hatten sie ihre Mitgliedsinstitute aufgefordert, einseitig die Gehälter um 3,6 Prozent zu erhöhen. Die Gewerkschaft HBV hat gestern mit ihren Urabstimmungen begonnen, die das Ziel haben, die Arbeitgeber wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen. Über 4.000 Bankangestellte traten gestern bis zu zweieinhalb Stunden in Warnstreik, rund 1.200 bei Schwäbisch Hall und Wüstenrot.