piwik no script img

Da hört der Spaß auf

■ Zu tätlichen Angriffen auf Zähler

Widerstand gegen die Volkszählung macht Spaß. Schon lange konnte man sich nicht mehr so köstlich freuen über kreative wie ebenso mutige Aktionen aus den Reihen der Ungehorsamen. Bei tätlichen Angriffen auf Zähler hört der Spaß allerdings auf. Wenn Kölner Volkszählungsgegner eine im Gerangel mit Zählern erworbene Liste mit 200 Zähleranschriften bundesweit kursieren lassen und die Namen an Mauern sprühen, bedienen sie sich eben der Mittel, die sie bekämpfen wollten. Die Furcht vor dem „gläsernen Menschen“, dessen Daten auf dem freien Markt gehandelt werden, hatte doch gerade massenhaften Protest gegen die Volkszählung entstehen lassen. Die briefliche Aufforderung an „enttarnte“ Zähler, Selbstmord zu verüben, ist Psychoterror gegen einzelne Personen, die wahrlich die Totalerfassung nicht inszeniert haben. Vielfach zwangsverpflichtet oder aus Geldmangel zur freiwilligen Teilnahme bewogen, sind die Datensammler das schwächste Glied in der Kette des Gesamtprojekts Volkszählung. Über privaten Scharmützeln mit Zählern wird allzu leicht vergessen, daß die Verantwortlichen in Bonn sitzen und nicht an der Wohnungstür klingeln. Prügeleien mit Zählern sind auch aus anderen Gründen überflüssig. Es kann längst als bewiesen gelten, daß der Datenschutz nicht gewährleistet ist. Dafür haben die Zähler selbst gesorgt, die eigenständig Bögen ausfüllten, sie auf Mäuerchen liegenließen oder sturztrunken in der U–Bahn über ihrem Päckchen einschliefen. Und daß - gesetzeswidrig - der Nachbar oder der Ordnungsamtsleiter beim Ausfüllen der Fragebögen hilft, ist hinlänglich bekannt. Die Volkszählung wird nicht scheitern an solchen militanten Einzelgefechten, die vor allem an hilflose Mutproben erinnern. Hier stimmt weder die Richtung noch die Methode. Die Stärke des Widerstands gegen die Volkszählung liegt nicht in den Fäusten. Petra Bornhöft

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen