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Einschüchterung heißt die Devise

■ Zur ärztlichen Meldepflicht bei Abtreibungen

Mit Unschuldsmiene versucht Bundesgesundheitsministerin Rita Süßmuth die Bedenken gegen die geplante Verschärfung der ärztlichen Meldepflicht von Schwangerschaftsabbrüchen zu zerstreuen. Alles ginge doch strikt anonym zu, von Erfassung könne keine Rede sein und überhaupt würden viele Ärzte ihre Pflicht doch nur schlicht vergessen. Im geplanten Beratungsgesetz wird der Ärzteschaft jedoch unmißverständlich mit finanziellen Sanktionen gedroht. Ohne Meldung kein Geld von den Krankenkassen, so lautet die griffige Formel, mit denen Ärztinnen und Ärzten ihre „Vergeßlichkeit“ ausgetrieben werden soll. Warum dieses begierliche Interesse an den höchstmöglichen Zahlen? Es geht darum, die politische Ausrichtung des Beratungsgesetzes, nämlich die soziale Indikation auf „kaltem Wege“ in Zukunft nahezu unmöglich zu machen, mit statistischem Material zu untermauern. So viele Abtreibungen gibt es in diesem unserem reichen Land, das ist moralisch nicht tragbar, werden Bevölkerungspolitiker/innen tönen. Es geht darum, die Ärztinnen und Ärzte einzuschüchtern, die es immer noch wagen, die Entscheidung der Frau zu respektieren. Sie befürchten angesichts des gegenwärtigen Klimas und der Rechtssprechung zum 218 zudem zu Recht, daß es mit der Anonymität der Meldepflicht nicht weit her sein könnte. Denn wenn überprüft werden soll, ob immer „zugunsten des ungeborenen Lebens“ beraten wird, dann ist es sicherlich nützlich zu wissen, wer, wann, wo und wie oft mit Abtreibungen zu tun hat. Helga Lukoschat

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