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Grüne Realos wollen kämpfen

■ Pressekonferenz in Bonn befaßte sich mit dem Hamburger Wahldebakel / Grüne sollen auf sozialökologischen Reformkurs gehen / Otto Schily wirft Jutta Ditfurth „wahnhaft verzerrte Wahrnehmung“ vor

Aus Bonn Oliver Tolmein

Auf einer Pressekonferenz aus Anlaß der schweren Stimmverluste der GAL in Hamburg kündigte Hubert Kleinert gestern an, die Realos würden jetzt „um die Partei kämpfen und sich stärker als bisher in die Parteiarbeit einmischen“. Auch Joschka Fischer, Otto Schily und Christa Vennegerts kündigten größeres Engagement des realpolitischen Flügels an. Nur so könne verhindert werden, daß die Grünen „zur radikalen Sekte“ (Fischer) werden. Fischer warnte aber auch davor, die Flügelstreitigkeiten zugunsten „einer oberflächlichen Einigkeit“ beizulegen. Inhaltlich klare Positionen seien. Dazu diene auch das bundesweite Realotreffen am Donnerstag in Frankfurt. Hubert Kleinert meinte, daß sich das inhaltliche Profil der Grünen auf Ökologie als thematischen Mittelpunkt konzentrieren müsse. Scharfe Kritik äußerte er, wie nach ihm auch Joschka Fischer und Otto Schily, an dem „Raus aus der NATO“– Beschluß der Grünen und an den „Halbheiten“ in der Gewaltfrage, die es zu überwinden gelte. Fischer präzi sierte die Kritik: Gorbatschows abrüstungspolitische Vorschläge eröffneten „zum ersten Mal die realpolitische Hoffnung auf die Blockauflösung noch in unserer Generation und darauf kann man nicht mit der Forderung nach NATO–Austritt reagieren“. Die Perspektive der Grünen sei, so Fischer, sich zu einer „ökologischen Reformpartei“ zu ent wickeln, der Bedarf dafür wachse in dem Maße, wie sich die SPD zu einer Rau–Partei entwickele. Schily nutzte die Pressekonferenz zu einem Frontalangriff gegen die Bundesvorstandssprecherin Ditfurth. In der gesellschaftlichen Konstellation der BRD gebe es zwei Antipoden: „Da ist auf der einen Seite Zimmermann, auf der anderen Seite Jutta Ditfurth und auf beiden Seiten gibt es eine wahnhaft verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung“. Das Wahlergebnis in Hamburg hält Schily für dramatischer als die Niederlagen bei den Wahlen in NRW und im Saarland. Schily kritisierte die „antistaatliche Orientierung“ seiner Partei und forderte, einen „strikt rechtsstaatlichen Kurs“ einzuschlagen.

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