Synthese oder Spaltung?

■ Die Grünen verfangen sich immer mehr in ihren eigenen Widersprüchen

Beobachter, Wähler oder Symphatisanten der Partei „Die Grünen“ sind einiges gewohnt, was die innerparteiliche Auseinandersetzung der Hoffnungsträger bundesdeutscher Politik angeht. Was sich zur Zeit jedoch bei den Grünen abspielt, kann selbst diejenigen, die der Partei wohlwollen - mit welchem Flügen sie auch immer symphatisieren mögen - nur noch in ohnmächtige Wut versetzen, wenn sich die Anteilnahme nicht sowieo bereits in puren Zynismus verwandelt hat. Unterschiedliche Strömungen, auch als Flügel oder Fraktionen organisiert, sind für jede demokratische Partei, die diesen Namen verdient, konstitutiv. Sol der Krise. Daß die Partei nach den Wahlen in Hessen und Hamburg in der schwersten Krise ihrer kurzen Geschichte steckt, ist nicht zu bezweifeln. Nun wäre die Stunde gekommen, zu zeigen, wie ernst es den Grünen mit den politischen Zielen ist, für die sie angetreten sind. Stattdessen nimmt die innerparteiliche Auseinandersetzung Züge wechselseitiger Vernichtungskampagnen an. Iist das, was Ditfurth und Schily sich stellvertretend für ihre Flügel an gegenseitigem Rufmord leisten, überhaupt noch ein Streit über unterschiedliche Wege zu einem gemeinsamen Ziel? Für den Beobachter drängt sich der Eindruck auf, daß die Objekte politischer Auseinandersetzung nur noch als Subjekte zur Diffamierung des parteiinternen Gegners begriffen werden. Das gilt für die Volkszählung so gut wie für die Raketendebatte, um nur die beiden herausragenden Themen der letzten Wochen zu nennen. Seit Wochen führt die Paralyse der Partei zur politischen Null–Lösung. Falls die Grünen sich nicht der Grundbegriffe Hegelscher Dialektik erinnern und entsprechend auf eine Synthese hin diskutieren, wird es bald ein Begräbnis erster Klasse geben. Sowohl Realos als auch Fundis müßten begriffen haben, daß sie entweder gemeinsam überleben oder getrennt untergehen. Die jetzt von allen benutzte Brechstange taugt nur zum Abriß. Jürgen Gottschlich