: Albrecht erinnert sich nicht mehr
■ Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht wurde gestern vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum Celler Loch angehört / Albrecht: „Fragen Sie doch den Verfassungsschutz“
Aus Hannover Jürgen Voges
Folgt man den gestrigen Aussagen von Ernst Albrecht vor dem Untersuchungsausschuß zum Celler Anschlag, so ist nur der niedersächsische Verfassungsschutz und nicht Ernst Albrecht selbst für die Regierungserklärung verantwortlich, mit der Albrecht im vergangenen Jahr mitten im niedersächsischen Wahlkampf den Celler Anschlag rechtfertigte. Angesprochen auf die angeblichen Erfolge der „Aktion Feuerzauber“, die Albrecht im Landtag groß herausgestellt hatte, sagte Albrecht immer wieder: „Sprechen Sie mit dem Verfassungsschutz“ oder „Ich bitte Sie, den Verfassungsschutz zu fragen.“ Auf den Vorhalt, er habe wahrheitswidrig vor dem Landtag erklärt, durch das Celler Loch seien Raubüberfälle und Mordpläne verhindert, Geld und Waffen beschlagnahmt worden, antwortete Albrecht nur: „Da müßte ich mir noch einmal vom Verfassungsschutz vortragen lassen.“ Er habe keine eigene Erinnerung an diese Vorgänge. Ernst Albrecht schloß nicht mehr aus, daß in dem entscheidenden Gespräch am 21.4.78, in dem angeblich der damalige Innenminister Maihofer in die Planung des Celler Anschlages eingeweiht wurde, „von einer Sprengung nicht die Rede gewesen ist“. „Vielleicht“, so sagte Albrecht, „ist auch nur das deutlich sichtbare Abtauchen des V–Manns allgemein erörtert worden.“ Ministerpräsident Albrecht zog auch die Aussage des 14 Tage vor dem Celler Anschlag amtierenden Innenministers Rötger Gross, daß dieser über die Vorbe reitung des Anschlages nicht informiert worden sei, nicht grundsätzlich in Zweifel. Albrecht sagte, er sei wahrscheinlich von Gross im Februar 1978 erstmals über die geplante Einschleusung eines Häftlings in „Terroristenkreise“ informiert worden. Er könne aber nicht beschwören, daß schon damals von einem Anschlag die Rede gewesen sei. Als ihm dann später der damalige Verfassungsschutz–Chef Jüllig in seinem Privathaus in Beinhorn die konkrete Planung für den Anschlag vorgetragen habe, habe er seinen Innenminister deswegen nicht mehr darauf angesprochen, „weil das Ende der Amtszeit von Herrn Gross bereits absehbar war“.
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