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Sparzwang für Geisteswissenschaften

■ Das niedersächsische Kabinett Albrecht verabschiedte „endgültiges“ Kürzungskonzept für Niedersachsens Hochschulen / Strafgeld für überlanges Studieren soll Studiengänge mit Arbeitsmarktproblemen treffen

Aus Hannover Jürgen Voges

Eine Schwarze Fahne hatten die Studenten am Mast des Gästehauses der Landesregierung gehißt, in dem Ernst Albrecht gestern das endgültige Streichkonzept für Niedersachsens Hochschulen der Presse vorstellte. Nachdem die Polizei die friedlich sitzenden studentischen Blockierer brutal hinter die Absperrungen geschleppt hatte, verkündete Ernst Albrecht seine endgültigen Sparbeschlüsse. Bei den geplanten Strafgeldern für Studenten, die mehr als drei Semester über die BAföG– Höchstförderungsdauer hinaus studieren, soll es Ausnahmeregelungen nur in den Fächern Elektrotechnik, Maschinenbau, Architektur, Landespflege und bei den Bau–Ingenieuren geben. In diesen Fächern will Ernst Albrecht die 500–DM–Strafgeldregelung „wirklichkeitsnah an der effektiven Studiendauer“ orientieren. Es gäbe aber auch andere Studiengänge, so Albrecht, „wo die Studenten länger verweilen, weil die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt schlecht sind“. Diese Studiengänge soll die Strafgeldregelung weiterhin voll treffen. Dies betreffe vor allem die Lehramtsbereiche, denn deren Studenten würden, so begründete Albrecht die Strafgelder für Geisteswissenschaftler, ohne intensiv zu studieren, „alle sozialen Vergünstigungen der Universität in Anspruch nehmen“. Auch bei den geplanten Kürzungen von Personal und Sachmitteln hat die Landesregierung kaum nachgegeben. Es bleibt bei der Streichung von 3,5 Prozent aller Universitätsstellen bis zum Jahr 1992. Die Einsparungen, eingeschlossen die Sachmittel, entsprechen insgesamt der Summe von 31 Millionen Mark. Allerdings hat die Landesregierung gleichzeitig den Hochschulen alte Sparauflagen in Höhe von 10,4 Millionen Mark erlassen. In welchen Fachrichtungen die Einsparungen schließlich vorgenommen werden, überläßt die Landesregierung den Hochschulen selbst. Die Einsparungen sollen laut Ernst Albrecht auch dazu führen, „die Gewichte zwischen den einzelnen Fachrichtungen an den Universitäten neu zu verteilen“. Den Gesetzesentwurf über die Einführung der Studiengebühren will das Landeskabinett in der nächsten Woche veröffentlichen. Er soll dann nach einer Anhörung der betroffenen Interessengruppen im Sommer vom Kabinett ein zweitesmal beraten werden. Erst nach der Sommerpause wird der Gesetzesentwurf dann dem Landtag vorgelegt werden.

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