Maria undogmatisch

■ Die Theologin Uta Ranke–Heinemann darf die Jung– fräulichkeit Marias bestreiten / Generalvikar lenkt ein

„Das hat man in der Amtskirche noch nie erlebt, das ist eine sensationelle Entscheidung“, freute sich die Theologieprofessorin Uta Ranke–Heinemann gestern über den Ausgang ihres Gesprächs mit dem Generalvikar des Bistums Essen. Die Kirche hatte ihr mit dem Entzug der Lehrerlaubnis an der Essener Gesamthochschule gedroht, falls sie nicht ihre Kritik am kirchlichen Dogma der Jungfräulichkeit Marias widerrufe. Ranke–Heinemann hatte erklärt, bei der Jungfrauengeburt Mariens handele es sich um ein „zeitbedingtes Vorstellungsmodell“ mit „sexualfeindlichen und zölibatär–neurotischen Zügen“. Nun wurde bei der gestrigen dreieinhalbstündigen Unterredung überraschend vereinbart, daß sie ihre Kritik an dem Jungfräulichkeits–Dogma auch gegenüber ihren Studenten äußern dürfe, sofern sie deutlich mache, daß dies nicht kirchliche Lehrmeinung sei. Die Vorstellung, „Maria wäre bei der Geburt tatsächlich Jungfrau geblieben, ist eine schwere Beleidigung der Frauen“, so Uta Ranke–Heinemann zur taz. Die Jungfräulichkeit Marias müsse theologisch als „Bildersprache“ und nicht „biologisch–konkret“ verstanden werden. Maria habe biologisch nicht vom Heiligen Geist, sondern von Josef empfangen und Jesus wie alle anderen Frauen ihre Kinder geboren. Das nahezu zweitausendjährige Dogma von der „immerwährenden Jungfräulichkeit“ ist damit aufgebrochen. „Ich habe für die Frauen eine Lanze gebrochen“, erklärte die streitbare Theologin, „aber auch für die verdrängten Josefs.“ Helga Lukuschat