Maulkorb für Uta Ranke–Heinemann

■ Nach einem Streit um abgegebene Erklärungen entzieht das Bistum Essen der Theologin die Lehrbefugnis

Berlin (taz) - Der einzigen Professorin für katholische Theologie in der Bundesrepublik, Uta Ranke–Heinemann, ist wegen ihrer Kritik am Jüngfräulichkeitsdogma Marias nun doch die Lehrbefugnis an der Gesamthochschule Essen durch das Bistum Essen entzogen worden. Als Grund gab die Theologin ihren erklärten Willen an, „auch weiterhin ihre persönliche Auffassung zur Jungfrauengeburt in ihren Vorlesungen nicht zu verschweigen“. Eine „Maulkorbexistenz“ lasse sie sich nicht aufzwingen. Uta Ranke–Heinemann interpretiert die Jungfräulichkeit Marias als „zeitbedingtes Vorstellungsmodell“, das theologisch als „Bildersprache“ und nicht als historisches und biologisches Faktum verstanden werden könne. Mit ihren Äußerungen zum „sexualfeindlichen“ und „zölibatär– neurotischen“ Charakter des Dogmas hatte sie den Zorn der Kirchenleitung auf sich gezogen. Bei dem zur „Klärung“ einberufenen Gespräch mit dem Generalvikar des Bistums Essen, Prälat Stüting, hatte sich eine überraschende Einigung zwischen der Amtskirche und der streitbaren Theologin abgezeichnet. Doch über den Wortlaut der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen entstanden gestern erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Stüting erklärte, Ranke–Heinemann hätte in ihrer gegenüber der Kirchenleitung abgegebenen Erklärung zugesichert, ihre Meinung zur Jungfrauengeburt nicht zum Gegenstand ihrer Lehrtätigkeit zu machen, dies jedoch mit ihren Äußerungen vor der Presse widerrufen. Damit wären Konsequenzen unumgänglich geworden. Die Theologin widersprach der kirchlichen Darstellung heftig. In die nach dem Gespräch mit Stüting schriftlich fixierte Erklärung sei der umstrittene Satz: „Ich betrachte dabei meine Auffassung nicht als unrevidierbar, und sie ist nicht Gegenstand meiner Lehrtätigkeit“ nachträglich eingefügt worden. Sie bedauerte, daß die Kirchenvertreter nicht mehr zu dem stünden, was sie mit ihr vereinbart hätten. Helga Lukoschat