„Superphenix“–Firma droht mit dem Konkurs

■ NOVATOME, Tochtergesellschaft des einzigen französischen AKW–Herstellers FRAMATOME, setzt französischen Wirtschaftsminister unter Druck / Zusammenschluß und Steuererlaß gefordert / Millionendefizit wegen ständiger Pannen am Schnellen Brüter Malville

Aus Paris Georg Blume

Der Welt einzige Gesellschaft, die über das vollständige Know–how bei Konzeption und Bau eines Schnellen Brüters verfügt, die französische NOVATOME, hat zu Beginn dieses Monats mit dem eigenen Konkurs gedroht, falls der französische Wirtschafts– und Finanzminister Edouard Balladur den geplanten Zusammenschluß von Novatome mit der Muttergesellschaft Framatome nicht mit einem Steuererlaß genehmige. Dieser ungewöhnliche Schritt wurde am Freitag in Paris im Zusammenhang mit einer parlamentarischen Anfrage des sozialistischen Abge ordneten und langjährigen Novatome–Ingenieurs Georges Le Baill bekannt. Damit zeichnet sich erstmals auch auf der Ebene der betroffenen Gesellschaften das Ende der Schnellbrütertechnik ab. Novatome war als reiner „Ingenieurbetrieb“ hauptverantwortlich für den Bau des Schnellen Brüters in Malville. Bereits 1986 hatte das „Ingenieurbüro“ ein Defizit von über 35 Mio. DM ausweisen müssen, obwohl die Gesellschaft im selben Jahr die Zahl der Angestellten im Rahmen des Umzugs von Paris nach Lyon von über 600 auf nun 320 halbieren konnte. Schon letz tes Jahr war vorgesehen, daß Novatome zu Framatome, dem alleinigen Hersteller französischer AKWs, zurückkehren sollte. Finanzminister Balladur hatte bewilligt, daß die Muttergesellschaft das Novatome–Defizit von 1986 innerhalb der eigenen Bilanz steuerlich abschreiben kann. Nicht vorgesehen war, daß Novatome auch 1987 ein Defizit hat, das die 35 Mio. vom letzten Jahr noch übertreffen dürfte. Ursache ist der Schnelle Brüter–Unfall in Malville vom März dieses Jahres. Die Reparaturkosten des immer noch unbehobenen Natriumlecks im Zwischentank für die Brennstabkühlung des Reaktors gehen zu Lasten von Novatome, deren Ingenieure für den Bau des Tankes verantwortlich waren. Die Verträge zwischen Novatome und der westeuropäischen Betreibergesellschaft des Schnellen Brüters NERSA sehen vor, daß die von Novatome entwickelten Reaktorteile erst dann in den Besitz der NERSA übergehen, wenn sie ihre industrielle Funktionstüchtigkeit erwiesen haben. Aufgrund der wiederholten Störfälle seit der Inbetriebnahme des Schnellen Brüters im Januar 1986 ist die Funktionstüchtigkeit des „Superphenix“ in Malville vertraglich noch nicht erwiesen. Mit der Konkursdrohung will der Vorsitzende der Novatome, Jean–Claude Leny, erzwingen, daß auch das Defizit von 1987 steuerlich von Framatome–Bilanz abgeschrieben wird. Ein Konkurs würde dem Ende aller derzeitigen Ambitionen in der Schnell–Brüter–Technik gleichkommen. Schon heute stoßen die Reparaturarbeiten in Malville auf erhebliche Schwierigkeiten, da die kompetenten Novatome–Ingenieure in Folge der Angestelltenreduzierung abgewandert sind. Gleichzeitig kommt auch die Übernahme von Novatome durch Framatome einer langsamen Auflösung der für die Schnellbrütertechnik spezialisierten Abteilungen gleich. „Leny testet heute, ob es politisch möglich ist, die Superphenix–Forschungsgruppen verschwinden zu lassen“, erklärte Georges Le Baill gegenüber der taz. Im Parlament antwortete Industrieminister Madelain stellvertretend auf die Anfrage des Abgeordneten. Er kündigte eine baldige Entscheidung in Sachen Novatome an. Ein Konkurs kommt aus seiner Sicht „nicht in Frage“.