: I N T E R V I E W „Überhaupt nicht postmodern“
■ Vladimir Lalo Nikolic, geboren 1941 in Zagreb, ist der Ausstellungsarchitekt der „documenta 8“
taz: Wenn man Architekt wird, will man doch etwas für die Ewigkeit tun. Wenn man Ausstellungsarchitekt wird, muß man sich sicher umstellen. Nikolic: Ja, die Ausstellung ist ein Museum für nur hundert Tage. Man muß davon ausgehen, daß von dem, was man entwirft, nichts übrigbleibt. Und was war die Ausgangslage für die „documenta 8“? Das Fridericianum war praktisch zerstört. Der Denkmalschutz schützt die Häuser nur von außen. Das Haus war scheußlich umgebaut worden, der Rundgang war nicht mehr möglich. Sie haben innerhalb des Hauses ganz neue Räume gebaut - nach welchem System? Das Haus ist ja für Bilder überhaupt nicht geeignet. Auf der einen Seite Fenster, auf der anderen Türen. Da habe ich also Räume hineingesetzt, die aber immer wieder den Blick nach draußen freigeben. Diese verkanteten Räume waren mein System, das ich dann funktionalisiert habe. Nach welcher Funktion? Nach den Bedürfnissen der Künstler. Das ist ja der Vorteil, wenn man Ausstellungen plant, im Vergleich zu Museen: Man weiß vorher, was da hineinkommt. Man kann sich absprechen. Ich finde Ausstellungen keine günstige Gelegenheit für einen Architekten, sich einen Tempel zu bauen. Wenn Sie sich nach Funktionen richten, haben Sie mit der Postmoderne nichts am Hut. Nee, ich bin überhaupt nicht postmodern. Sie sind auch Hochschullehrer. Was müssen Ihre Schüler lernen? Vor allem kritisches Bewußtsein. Na, erstmal, Architekten zu sein, gestalten. Und dann, daß sie nicht an DIN–Normen glauben, an Gesetze. Daß man überall Freiheitsräume entwickeln kann. Hatten Sie hier Probleme mit Behörden? Ja. Die Stadt hat sehr viel blockiert. Die Installation in der Eingangshalle des Rathauses ist jetzt noch nicht fertig, weil die Behörde den Weiterbau zwei Monate blockiert hat. Und das war doch von der Stadt selbst in Auftrag gegeben. Zuletzt haben die mich gefragt, ob ich die Verantwortung dafür übernehme: dann dürfe fertig gebaut werden. Und? Klar mache ich das. Ich übernehme hier für alles die Verantwortung!
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