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Pflanzensterben jetzt auch in Bayern

■ Schwarzfärbungen an Laubbäumen und Sträuchern hatten vor einer Woche in Radfeld im Inntal in Österreich begonnen / Mittlerweile sind weit auseinanderliegende Gebiete betroffen / Ursachenkombination mit Witterungseinfluß durch starken Regen und Föhnsturm

Von Manfred Kriener

Berlin (taz) - Das rätselhafte Pflanzensterben in Tirol hat jetzt auch auf die Bundesrepublik übergegriffen. Aus dem Landkreis Rosenheim wurden gestern ebenfalls Blattverfärbungen bei Laubbäumen, bei Brennesseln und Sträuchern bekannt. Die Blätter hätten eine schwarz–braune Farbe bekommen. „Es ist offensichtlich, daß die Schäden die gleichen wie in Österreich sind“, sagte der Sprecher des Landratsamtes Rosenheim, Herbert Martin. In Österreich ist die Ursache des Pflanzensterbens angeblich weitgehend geklärt: eine „Ursachenkombination“ mit einer äu ßerst seltenen Witterungserscheinung sei dafür verantwortlich. Nähere Einzelheiten sollen am heutigen Mittwoch bekanntgegeben werden. Der bayerische Umweltminister Dick erklärte dagegen, das „Blättersterben“ sei auf Bakterien oder Pilze zurückzuführen. Das Rosenheimer Landratsamt spracvh von einem „ungeheuerlich erscheinenden Phänomen“. Die Pflanzen seien durch die starken Regenfälle angegriffen worden und hätten ihre natürliche Schutzschicht verloren. Der anschließende Föhnsturm habe ihnen den Rest gegeben. Am Montag voriger Woche waren erstmals im Gebiet der Gemeinde Radfeld im Inntal die dunklen Verfärbungen bei Obstbäumen, Flieder– und Holundersträuchern, Ulmen, Erlen und Weiden beobachtet worden. Inzwischen wurden ähnliche Erscheinungen auch aus dem Zillertal, aus Kufstein und aus dem Achental gemeldet. „Etwa 20 Prozent unseres Obstbaumbestandes zeigen Verfärbungen“, berichtet der Bürgermeister der 1.600–Einwohner–Gemeinde Radfeld, Johann Gasteiger. Die Ausbreitung der abgestorbenen Blätter hat inzwischen eine Fläche von rund 100 km erreicht, wobei mosaikartig einzelne Schadensgebiete auftauchen, sich dann aber mit kilometerlangem gesundem Pflanzenwuchs abwechseln. Hofrat Herbert Scheiring von der Landesforstdirektion Tirol erklärte gestern gegenüber der taz, daß „nach einer Woche intensiver Labor–Untersuchungen“ Luftschadstoffe als Ursache des Pflanzensterbens ausgeschlossen werden könnten. Bei den Laboranalysen habe man keinen Schadstoff ermitteln können, und auch das inselartige Auftreten des Pflanzensterbens widerlege die Annahme einer Vergiftung durch Chemikalien. Radioaktivität komme gleichfalls als Schadensursache nicht in Frage, sagte Scheiring. Von Schäden in Millionenhöhe könne noch nicht gesprochen werden, widersprach die Tiroler Landesforstdirektion einer Presseerklärung von Greenpeace. Die Sektion Österreich hatte gestern eine Wagenladung Giftmüll vor das Werk der Firma „Pengg OHG“ in Thoerl/Steiermark abgekippt, um gegen die Chemieindustrie und ihre Praktiken zu protestieren. Greenpeace geht weiter davon aus, daß ein „chemischer Niederschlag“ für das Pflanzensterben verantwortlich ist. In den betroffenen Gebieten wurde die Bevölkerung aufgefordert, kein frisches Gemüse zu essen. Die Erdbeer–Felder zum Selbstpflücken wurden geschlossen. Verängstigte Bewohner halten ihre Häuser verschlossen und lassen ihre Kinder nicht mehr draußen spielen. Alle Jahre wieder: Druiden–Happening bei Sonnenaufgang in Stonehenge.Foto: ap

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