Vorsorge für Schließung in Hanau

■ Finanzielle Rücklagen bei möglicher Schließung von NUKEM/ALKEM / „Eine Stillegung kostet viel Geld“ / Betriebsergebnis unter Erwartungen / Auch NUKEM rechnet mit Anklage wegen illegalen Betriebs

Frankfurt (ap) - Die beiden Hanauer Nuklearfirmen NUKEM und ALKEM haben finanzielle Vorsorge für eine mögliche Stillegung ihrer Anlagen getroffen. Der Geschäftsführer der NUKEM GmbH, Karl–Gerhard Hackstein, sagte am Freitag auf der Bilanz– Pressekonferenz, das Unternehmen habe im vergangenen Geschäftsjahr zehn Millionen Mark für Kosten zurückgestellt, die bei einer Stillegung von Fertigungsstätten anfallen. Die 40prozentige NUKEM–Tochter ALKEM habe im Hinblick auf eine mögliche Schließung sogar „drei– bis viermal soviel Rückstellungen für Dekontaminationskosten“ gebildet. „Eine Stillegung von Anlagen kostet viel Geld“, sagte Hackstein. NUKEM will unabhängig von politischen Entscheidungen sein bestehendes Werk schließen, wenn der derzeit errichtete Neubau Ende 1989 fertiggestellt sein soll. Für die dritte Hanauer Nuklearfirma Reaktor–Brennelement– Union (RBU) erwarte man „keine wirkliche Gefährdung“ durch einen Stillegungsbeschluß der Aufsichtsbehörden. Die NUKEM–Geschäftsführung bewertete das wirtschaftliche Ergebnis des vergangenen Jahres als „zufriedenstellend, ohne aber den Erwartungen zu entsprechen“. Mitgeschäftsführer Manfred Stephany sagte, der 1986 erzielte NUKEM–Gewinn von 1,6 Millionen Mark sei deshalb nicht höher ausgefallen, „weil wir nichts anderes mehr machen können als Feuerwehr spielen“. Man sei zufrieden, daß „wir trotz der ständigen Diskussion um unser Unternehmen in der Bilanz noch ganz gut dastehen“. Für dieses Jahr erwarte man trotz eines guten Auftragsbestands und einer Zuwachsrate der Gesamtleistung von voraussichtlich zehn Prozent, daß es insgesamt „nicht viel besser“ werde. NUKEM legte am Freitag lediglich einen vorläufigen Geschäftsbericht vor, da wegen der Bestechungsaffäre bei dem Tochterunternehmen Transnuklear dort noch kein Jahresabschluß erstellt wurde. Man rechnet aber nicht mit Schwierigkeiten von seiten des Umweltministers. Neben ALKEM rechnet auch NUKEM mit einer Anklage der Staatsanwaltschaft wegen des illegalen Betriebs von Atomanlagen. „Sie hält nach unseren Kenntnissen den Betrieb der Anlage NUKEM alt für illegal“, erklärte Geschäftsführer Hackstein. Dagegen rechnet die Firma nicht mit einer Stillegung des Betriebs durch den hessischen Umweltminister Karlheinz Weimar. Allenfalls würden zwei– bis dreiwöchige „Betriebsunterbrechungen“ in einzelnen Räumen erwartet, um etwaigen Sicherheitsauflagen nachzukommen. Die Staatsanwaltschaft Hanau ermittelt gegen die drei Geschäftsführer Karl–Gerhard Hackstein, Manfred Stephany und Peter Jeli nek–Fink. Wegen des Verdachts der Beihilfe zum illegalen Betrieb kerntechnischer Anlagen wird außerdem gegen die drei ehemaligen hessischen Wirtschaftsminister Klaus–Jürgen Hoffie (FDP), Heribert Reitz und Ulrich Steger (SPD) sowie drei Ministerialbeamte der atomrechtlichen Genehmigungsbehörde ermittelt.