Mietwucher in Berlin

■ Bundestag verabschiedete Gesetz zur Aufhebung der Berliner Mietpreisbindung / Mieterhöhungen bis zu 30 Prozent möglich

Berlin (taz) - Mit Beginn des Jahres 1988 werden den Mietern in rund 500.000 Berliner Altbauwohnungen neue und, wie befürchtet wird, horrende Mietberechnungen ins Haus flattern. Am Donnerstag abend beschloß der Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition gegen die von SPD und Grünen die Ablösung der bisher noch geltenden Mietpreisbindung (“Schwarzer Kreis“) durch einen „Übergang ins soziale Mietrecht“. Sprecher von CDU und FDP betonten, daß „abrupte Preissprünge“ aufgrund der neuen Marktorientierung vermieden würden. Ab 1988 sollen Mieterhöhungen bei bestehenden Verträgen bis 1994 jährlich um fümf Prozent möglich sein. Bei Neuvermietungen dürfen sie bis 1991 bereits um zehn Prozent steigen, wobei zusätzlich ein Modernisierungsaufschlag erfolgen kann. Nach Ablauf dieser Übergangsfristen gilt das Gesetz des freien Wohnungsmarktes, wobei die Vergleichsmiete die Obergrenze bildet, aber innerhalb von drei Jahren 30prozentige Mietsteigerungen erlaubt. Mit der Erstellung eines Mietenspiegels will der Senat allzu große Mietsprünge verhindern. Das Gesetz schwächt darüber hinaus aber auch den Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Altbau–Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Ab 1991 wird dieser Schutz analog zum Bundesgebiet von sieben auf drei Jahre verkürzt. Die beiden Oppositionsparteien kritiserten die „Einführung des Weißen Kreises“ und wollten für Berlin eine Mietpreisbindung als Dauerrecht durchsetzen. Sie legten aber jeweils getrennte Gesetzentwürfe vor. Im Mai hatten sich in einer „Mieterbefragung“ knapp eine halbe Millionen Mieter für den Erhalt der Mietpreisbindung ausgesprochen. bmm