I N T E R V I E W „Männer wittern Morgenluft“

■ Waltraud Schoppe zur Klage des Rechtsassessors Gerhard R. gegen die Quotierung

taz: Wie werden die Grünen mit diesem Prozeß umgehen? Schoppe: Man muß ganz ehrlich feststellen: Es gibt ja bei uns intern auch viele Männer, die mit dem Quotierungsgesetz größte Schwierigkeiten haben. Die werden sich eins ins Fäustchen lachen. Aber viele sagen hier auch: Der Mann ist übers Ziel hinausgeschossen. Man hat ihm ja angeboten, sich auf eine andere Juristenstelle zu bewerben. Welche Frau hat diese Möglichkeit schon? Gegenüber der alltäglichen Diskriminierung, die Frauen erfahren, ist die Klage dieses Mannes eine Provokation. Wie werden sich die grünen Frauen in die Quotendebatte wieder einschalten? Wir Frauen wollen die Hälfte aller Arbeitsplätze und Posten auf allen Ebenen. Das besagt die 50–Prozent–Quotierung. Wenn es jetzt um die reale Umsetzung geht, dann müssen wir diese Forderung differenzieren, sonst werden wir aus der Diskussion rausfallen. Die 50–Prozent–Forderung wird am wirksamsten über Frauenförderpläne. Ich halte diesen Ansatz für richtig, aber alle bestehenden Frauenförderpläne sind völlig unzureichend. Jetzt wird ein Prozeß beginnen, wo Frauenförderpläne erstellt werden, und in diese Diskussion müssen wir uns mit Maximalforderungen für Frauenförderpläne stellen: Wir müßten ein Bundesgesetz hinbekommen mit der Forderung: Uns gehört die Hälfte, also 50 Prozent, und dann aber in den Ländern rechtliche Regelungen für Frauenförderpläne fordern. Und was passiert mit Eurem Antidiskriminierungsgesetz, das ja eine feste Quotierung von 50 Prozent auf allen Ebenen, in allen Bereichen vorschreibt? Wir diskutieren, ob wir das ADG noch einmal als ganzes oder in die einzelnen Teile zerlegt in den Bundestag einbringen. Ich möchte die verschiedenen Komplexe des ADG einzeln einbringen. Es steht jetzt also auch an, das Quotierungsgesetz als Teil des ADG und als Bundesgesetz wieder in den Bundestag einzubringen. Zweitens müssen wir die bestehenden Frauenförderpläne überarbeiten und selber Regelungen für Frauenförderpläne im öffentlichen Dienst vorschlagen, die über bisherige Frauenförderpläne hinausgehen, gleichzeitig rechtliche Absicherungen darstellen und Bezug nehmen auf das Benda–Gutachten. (Benda hält eine starre Quotierung von 50 Prozent für verfassungsrechtlich nicht zulässig, d.Red.) Wie ist das für die Grünen selbst? Soll da die starre Quotierung bleiben? Die Grünen dürfen von der 50–Prozent–Quotierung nicht zurückweichen. Wir haben in diesem Bereich eine Vorreiterfunktion für alle anderen Organisationen. Bei allen Schwierigkeiten müssen wir das auch konsequent gegen die Männer, die jetzt Morgenluft wittern, vertreten. Man muß auf dem Teppich bleiben: Wir diskriminieren keine Männer. Auch bei den Mitarbeitern in der Bundestagsfraktion sind die Männer noch immer im Vorsprung. Interview: Ursel Sieber