: Merkwürdigkeiten einer Fahndungsaktion
■ Drei Monate nach dem Überfall eines Düsseldorfer Fahndungskommandos auf die „Arbeitslosenhilfe“ rumort es im Polizeiapparat Staatsanwältin ermittelt gegen das Kommando / Die Initiative erstattete Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung
Aus Düsseldorf Petra Bornhöft
„Uns reichts“, sagen jetzt die Leute von der Düsseldorfer „Arbeitslosenhilfe“ (ALSH). Seit drei Monaten werden sie von der Polizei über die wahren Gründe und den Ablauf einer Durchsuchung ihrer Büros im unklaren gehalten. Jetzte stellte die ALSH Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gegen das Fahndungskommando der Kripo, deren Beamte eine Mauer und eine Zwischenwand vom angrenzenden Flüchtlingsheim aus durchbrechen ließen (die taz berichtete). Die Staatsanwaltschaft prüft das undurchschaubare Verhalten von Beamten und Polizeiführung schon seit einiger Zeit. Angeblich im Zusammenhang mit der Suche nach einem Deutschen, der eine Prostituierte zusammengeschlagen haben soll, verschafften sich am 11.April mehrere Beamte gewaltsam Zugang zu den ALSH–Räumen, nachdem sie das Flüchtlingsheim durchsucht hatten. Ihr Hinweis auf den Gesuchten: eine Telefonnummer auf dem Anrufbeantworter der Prostituierten. Nur Zahlenunkundige können den seit drei Jahren in jedem Telefonbuch zu entnehmenden Anschluß der ALSH mit der Telefonnummer auf dem Apparat des Callgirls verwechseln. Die Polizei bedauerte zunächst den Übergriff, kündigte Schadensersatz und klärende Worte des Polizeipräsidenten an. Es geschah jedoch nichts. Statt sich zu entschuldigen, Handwerkerrechnungen zu bezahlen, den Grund für die Durchsuchung der ALSH zu nennen - wie es gesetzlich vorgeschrieben ist - und den am Tatort hinterlassenen Schmierzettel durch ein anständiges Durchsuchungsprotokoll zu ersetzen, hüllte man sich in Schweigen. Hinter den Kulissen jedoch rumort es im Apparat. Eine an den Polizeipräsidenten gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde der ALSH vom Mai adressierte ein leitender Kriminaldirektor einfach um - an die Staatsanwaltschaft, die dafür gar nicht zuständig ist. Die Staatsanwältin fand diese Methode, die Beschwerde schmoren zu lassen, merkwürdig und nahm sich des Falls an. Bislang allerdings ohne Ergebnis. Über eine weitere Merkwürdigkeit unterrichtete ein wahrheitsliebender Informant aus Reihen der Polizei die ALSH. Demnach hat sich die Polizeiführung geschickt der Diskussion im parlamentarischen Kontrollgremium „Kreispolizeibeirat“ entzogen. Sie habe, so der Informant, demgegenüber den Beamten, die den Ratsmitgliedern vortragspflichtig sind, eine „Handlungsanweisung und Sprachregelung“ nahegelegt, wie die Polizei „das Gesicht wahren könne“. Die von der ALSH vorab publizierte - und von niemandem dementierte - Polizeistrategie für das nicht–öffentliche Gremium bestätigte sich später nach Angabe des Informanten. Nach der neuen Version sind keine Schweißnähte und Mauern mehr gesprengt worden. Ein harmloser Dietrich öffnete der Kripo die Tür. Und ganz im Sinne der Polizeiführung sagt der Vorsitzende des Kreispolizeibeirates, SPD–Ratsherr Walter Fritsche, gegenüber der taz lakonisch: „Wir warten ab, was die Staatsanwaltschaft sagt.“ Das gilt auch für den Düsseldorfer Polizeisprecher, dessen Unbehagen hörbar durch die Telefonleitung rauscht: „Der Fall hat unerwartet große Ausmaße angenommen.“ Die Staatsanwaltschaft kündigte das Ende der Ermittlungen für Anfang August an.
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