: Die USA zeigen Flagge am Golf
■ Kuwaitische Tanker unter US–Flagge / UNO–Resolution zum Golfkrieg verabschiedet / Von Beate Seel
Kaum hatte der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York die Resolution zum Golfkrieg einstimmig verabschiedet, passieren die ersten kuwaitischen Tanker unter amerikanischer Flagge die Straße von Hormuz. Die Tanker fahren unter Geleitschutz der US–Kriegsmarine, und bei einem Angriff wird zurückgeschossen. Dies machte US–Verteidigungsminister Weinberger unmißverständlich deutlich. Trotz UNO–Resolution ist die Eskalation des Konflikts programmiert.
Wer seine Kriegsflotte in Marsch setzt, muß auch an Details denken. Der Öltanker „Al Rekkah“ und der Methangas–Transporter „Al Managesh“, zwei der kuwaitischen Schiffe, die nun unter amerikanischer Flagge fahren, sind in „Bridgeton“ und „Gas Prince“ umgetauft worden. Die neuen Papiere für die beiden Schiffe sind seit gestern gültig. Nun heißt es „volle Fahrt voraus“ nicht nur für Kuwaits Schiffe, sondern auch für die amerikanische Kriegsflotte, die ihren Schutz im Golf übernehmen soll. Auf beiden Seiten der „Straße von Hormuz“, der flaschenhalsartigen Einfahrt zum Persisch– Arabischen Golf, sind neun amerikanische Kriegsschiffe aufgefahren: drei Kreuzer, vier Fregatten, ein Zerstörer und das Flaggschiff „La Salle“. Weiter südlich hat ein Flottenverband von acht Schiffen unter Führung des Flugzeugträgers „Constellation“ Position bezogen. Seine Kampfflugzeuge vom Typ F–14, A–6 und F–18 sollen die Geleitschutzfahrten zusammen mit E–2C–Aufklärungsflugzeugen aus der Luft überwachen. Das Schlachtschiff „Missouri“ wird die Einheiten im August verstärken. Die in den USA innenpolitisch umstrittene Aktion war möglich geworden, nachdem der Sicherheitsrat am Montagabend eine Resolution zur Beendigung des Golfkrieges verabschiedet hatte und damit die Friedensbemühungen der USA demonstriert worden waren. Ferner fahren britische und französische Schiffe ebenfalls unter Begleitschutz ihrer Kriegsmarine. Die Reagan–Administration hat unterdessen die Kriegsparteien Iran und Irak über ihre Ge leitschutzabsichten informiert und sie aufgefordert, jede „feindliche Haltung“ zu unterlassen. Verteidigungsminister Caspar Weinberger hatte kürzlich darauf hingewiesen, daß die US–Marine auf einen Angriff vorbereitet sei. Als mögliches Angriffsziel werden die iranischen Silkworm–Raketen chinesischer Bauart gehandelt, die an der Straße von Hormuz stationiert worden sein sollen. Gefahr der Eskalation Angriffe auf Handelsschiffe werden damit jedoch nicht unterbunden. Schließlich sind es immer nur ein knappes Dutzend der jeweils im Golf fahrenden rund 200 Schiffe, die Geleitschutz erhalten. Durch die Vorabinformation des Pentagon erhält der Iran auch die Möglichkeit, gezielt nicht–amerikanische Schiffe anzugreifen. Politische Beobachter in der Golfregion rechnen nicht mit einer größeren amerikanisch–iranischen Konfrontation. Es sei eher damit zu rechnen, daß die Iraner eine demonstrative Aktion ihrer Schnellboote unternähmen, um ihr Gesicht zu wahren, und dies von Washington auch nicht hochgespielt wird. Aber jeder Treffer auf ein ohne Geleitschutz fahrendes Schiff kann den Ruf nach einer weiteren Erhöhung der US–Präsenz zur Folge haben. Die USA hatten sich zum Schutz kuwaitischer Schiffe bereit erklärt, nachdem bekannt geworden war, daß die Sowjetunion den Schutz von drei Schiffen des Golfanrainerstaates übernommen hat. Damit ist die Rivalität der Supermächte in der Region Hintergrund für den amerikanischen Aufmarsch, mit dem verhindert werden soll, daß der Golf zum „sowjetischen Gewässer“ wird, wie es in Washington hieß. Das Kunststück für die Herren im Weißen Haus bestand darin, die Sowjetunion von dem zugleich von beiden Supermächten geforderten „internationalen Schutz der Schiffahrt im Golf“ auszuschließen. Die Sowjetunion, die kein Interesse daran hat, auf dem Gebiet der militärischen Präsenz mit den USA gleichzuziehen, wurde ausgebootet. Entsprechend fallen nun die Reaktionen in Moskau auf den amerikanischen Geleitschutz aus: mit der Aktion verwandele das Pentagon den Golf in ein „Aufmarschgebiet der neoglobalistischen Strategie, die gegen die UdSSR und die freiheitsliebenden Völker des Planeten“ gerichtet sei. Kuwait hatte sich mit der Bitte um den Schutz seiner Tanker an beide Supermächte gewandt, nachdem seine Schiffe seit vergangenen Sommer verstärkt zum Ziel iranischer Angriffe wurden. Die USA forderten ursprünglich einen politischen Preis für ihre Schutzaktion: Stützpunkte für ihre Luftwaffe und Marine. Das lehnt die kuwaitische Regierung nach wie vor ab. Wie Ministerpräsident Sheikh Saad al Abdallah al Salem al Sabah am Montag erklärte, sei er jedoch bereit, über „Erleichterungen anderer Art“ mit den USA zu diskutierten. Gleichzeitig gab er bekannt, daß Kuwait drei britische Tanker angemietet habe und in Paris nachgefragt habe, ob einige Schiffe auch unter französischer Flagge fahren könnten. Auch in der Zeit des US–Aufmarschs im Golf bemüht sich Kuwait, seinen relativ unabhängigen Kurs weiter zu verfolgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen