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Boykott einer grünen Cola–Büchse?

■ In Aachen wollte das LKA einen presserechtlich verantwortlichen Codierstreifen enttarnen ...

Aachen (taz) - „Wenn das im Kabarett passiert, jeder würde sagen, jetzt übertreiben Sie aber.“ Man muß Günter Schabram, dem Ratsgrünen, wohl recht geben. Denn die Aachener Staatsanwälte üben sich derzeit mit wachsendem Erfolg in Realsatire. Erst mußten sie erzürnt zur Kenntnis nehmen, daß erst das Amtsgericht entgegen einem früheren Beschluß die Aufforderung zum Ent–Ziffern der Volkszählungsbögen in den „Grünen Blättern“ nicht für strafbar hält (siehe taz vom 29.6.). Dann verwarf auch noch das Landgericht ihre Beschwerde, weil die Staatsanwälte Ermittlungsfristen überschritten hätten. Jetzt beklagen sie sich bitterlich beim Oberlandesgericht in Köln. Und sie haben dramatische Vorgänge entdeckt: Etwa die Frage: Was ist ein Grüner? Presserechtlich verantwortlich für das beanstandete Vobo–Blatt hatten „die Grünen im Rat und in den Bezirksvertretungen“ gezeichnet. Doch bei der Vernehmung von 17 Beschuldigten hatten glatt einige behauptet, sie seien zwar gemeint, aber nicht Mitglied der Grünen. „Offene Liste“ - das roch nach Ausflüchten, gar nach Anarchie. Um dem Oberlandesgericht nun die zeitaufwendige Verbissenheit ihrer Recherchen zu dokumentieren, so schrieben die Staatsanwälte, hätten sie sozusagen die politische Zurechnungsfähigkeit der Grünen „intensiv im Rahmen eines Aktendoppels durch die Polizei abzuklären“ versucht. Kann, darf es nicht– grüne Grüne geben? Die Staatsgrünen fahnden. Noch größeren Argwohn aber erweckte ein in den „Grünen Blättern“ abgedruckter Codierstreifen. Dahinter konnte sich doch nur der chiffrierte Verantwortliche verstecken. „Intensive Ermittlungen“ seien nötig gewesen, um dem vermeintlichen Verstoß gegen das Landespressegesetz auf die Spur zu kommen. Zur Dechiffrierung wurde gar das Landeskriminalamt eingeschaltet. Doch jetzt mußten die Aachener Staatsanwälte einräumen: „Die codierten Angaben im Impressum aufzuschlüsseln“ sei leider „gescheitert“. Was hatten die grünen und nichtgrünen Grünen da symbolisch hineinlayoutet: den Codierstreifen einer Cola–Dose, einer Marlboro–Packung, einer Milchflasche, gar eines Yogurt– Bechers? Selbst der taz gegenüber hält sich Günter Schabram bedeckt: „Das lassen wir mal lieber im Dunkeln. Vielleicht steckt der Spitzname des Verantwortlichen Redakteurs dahinter, etwa Pepsi für Peppi...“ Pepsi, soviel sei den Ermittlern verraten, ist eine coffeinhaltige Limonade. Wer oder was aber ist Peppi? Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie! Bernd Müllender

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