: Bonn hofiert Khomeini–Regime
■ Iranischer Außenminister in Bonn empfangen / Iran soll UNO–Resolution teilweise mittragen
Zum ersten Mal seit dem Machtwechsel in Iran besucht Außenminister Ali Akbar Velayati die Bundeshauptstadt. Bonn will seine guten Beziehungen zum Khomeini–Regime nutzen, um Iran von der völligen Ablehnung der UNO–Resolution zum Golfkrieg abzubringen. Gesprächspunkt ist auch der Konflikt zwischen Teheran und Paris. Ein Papier des französischen Geheimdienstes sorgt für neuen Zündstoff: Darin werden von Iran aus gesteuerte Untergrundgruppen für die Anschläge in Paris verantwortlich gemacht.
Während Iran nach der Verabschiedung der UN–Resolution über eine Beendigung des Golfkrieges international unter Druck steht, hat die Bundesregierung nichts Eiligeres zu tun, als das Khomeini–Regime aufzuwerten. Zum ersten Mal seit der iranisch– islamischen Revolution von 1979 ist gestern Außenminister Ali Akbar Velayati zu einem offiziellen Besuch in Bonn eingetroffen. Welche Bedeutung die Bundesregierung der Begegnung beimißt, zeigt sich bereits im Besuchsprogramm Velayatis: Er traf nicht nur mit Außenminister Genscher zusammen, sondern auch mit Bundeskanzler Kohl und Bundespräsident von Weizsäcker. Gegenüber Genscher versicherte Velayati, sich aus humanitären Gründen für die Geiseln Schmidt und Cordes einzusetzen. Die BRD ist gegenwärtig das einzige westliche Land, das über gute Beziehungen zu den Machthabern in Teheran verfügt. Die USA, Großbritannien und jetzt auch Frankreich haben ihre di plomatischen Beziehungen zu Iran abgebrochen. Zugleich wurde in Washington, Paris und London der Besuch Velayatis in Bonn ausdrücklich begrüßt: Sie hoffen darauf, daß es den bundesdeutschen Politikern gelingen wird, vermittelnd tätig zu werden. Dies betrifft vor allem die am Montag verabschiedete UNO–Resolution. Bereits im Vorfeld hatte sich die Bonner Regierung bemüht, den Entwurf für Iran akzeptabler zu gestalten. Welche Bedeutung die iranische Regierung der Rolle Bonns beimißt, zeigt sich darin, daß der iranische UN– Botschafter Said Radjaie Chorrassani in New York einen Dringlichkeitsantrag einbrachte, die Debatte im Weltsicherheitsrat zu verschieben - bis die Bundesrepublik turnusmäßig die Führung des Gremiums übernimmt. Derzeit führt Frankreich den Vorsitz. Von daher ist auch die iranisch–französische Krise Teil der Bemühungen Teherans gewesen, die Debatte im Sicherheitsrat zum jetzigen Zeitpunkt zu torpedieren. Die Bundesregierung will sich gegenüber Velayati für eine nachdrückliche Einhaltung der UN– Resolution einsetzen, die unter anderem die Einstellung der Kampfhandlungen und den Truppenrückzug an die internationale Grenze vorsieht. Velayati beschuldigte die USA, sich auf eine Auseinandersetzung mit Iran und eine Erhöhung der Spannungen in der Golfregion vorzubereiten. Im Text der Resolution werden unter Punkt fünf in der Tat alle Nationen zu „äußerster Zurückhaltung und zum Verzicht auf alle Handlungen“ aufgerufen, „die zur weiteren Eskalation des Konflikts führen könnten“ - ein Passus, der auch für die USA gilt. Es scheint neben der fehlenden Verurteilung des Irak als Aggressor vor allem dieser Punkt zu sein, der im Iran angesichts des US–Militäraufmarschs in der Region auf Erbitterung gestoßen ist. Denn in der Öffentlichkeit wird eine mögliche Nichtbefolgung der Resolution allein dem Iran zugeschoben werden. Gute Partner Weiteres Gesprächsthema in Bonn wird die Krise zwischen Frankreich und Iran sein. Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern und der Blockade der Botschaften hatte es bereits deutsch–iranische Kontakte in dieser Sache gegeben. In Bonn wurde unterdessen versichert, jeder Versuch Velayatis, Frankreich und die Bundesrepublik auseinanderzudividieren, habe keine Chance. Auf dem Gebiet diskreter Vermittlungen mit iranischen Stellen blicken die Bundesbehörden bereits auf eine lange Erfahrung zurück. Khomeinis Sonderbotschafter Sadegh Tabatabai, der bereits wegen Panzerkäufen auf bundesdeutschem Boden aktenkundig geworden war, wurde durch seine nachträgliche Ernennung zum Sonderbotschafter dem Zugriff der Ermittlungsbehörden entzogen, nachdem er mit 1,7 Kilo Opium erwischt worden war. Auch die studentischen Khomeini–Anhänger, die ein Studentenwohnheim in Mainz überfielen, wurden nach politischer Intervention aus Teheran geschützt und abgeschoben. Derartige Gunstbeweise haben für die Bundesregierung durchaus ihren Sinn. Außenminister Genscher war im Juli 1984 westlicher Vorreiter gewesen, als er an der Spitze einer hochrangigen Delegation von Industriellen und Mitgliedern der deutsch–iranischen Handelskammer nach Teheran reiste. Für den Iran ist die BRD das wichtigste Importland. Im Vorjahr beliefen sich die Einfuhren aus der BRD auf Güter im Werte von 3,272 Mrd DM. Dem standen iranische Exporte in Höhe von 1,125 Mrd DM gegenüber, allerdings mit fallender Tendenz. Die Unausgeglichenheit der Handelsbilanz gegenüber dem Iran war in den letzten Jahren von der Teheraner Regierung häufig moniert worden. Daß es in letzter Zeit um dieses Thema jedoch still geworden ist, dürfte auf die wohlwollende politische Haltung der Bundesregierung gegenüber Iran zurückzuführen sein. Beate Seel
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