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„Anti–AIDS–Programm erfolgreich“

■ Süssmuth: Präventive Arbeit von „Streetworkern“ und psychosozialen Beratern zahlt sich aus / In Köln sei die Zahl der Neuinfektionen „erheblich zurückgegangen“ / Gauweiler–Vorwürfe gekontert

Bonn (ap/dpa) - Erste Erfolge mit Anti–AIDS–Modellprogrammen haben Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth in ihrer Überzeugung bestärkt, daß die Verbreitung der Immunschwäche–Krankheit nur durch Aufklärung und Beratung, nicht aber durch eine Meldepflicht oder andere gesetzliche Zwangsmaßnahmen eingedämmt werden kann. Nach einem Erfahrungsaustausch mit „Streetworkern“ und Mitarbeitern eines psychosozialen Beratungsprogramms sagte sie: „Es gibt keine Alternative für unsere präventive Arbeit.“ Die beiden vom Gesundheitsministerium geförderten Modellprogramme waren 1986 ins Leben gerufen worden: Zum einen arbeiten gegenwärtig 47 „Streetworker“ vor Ort und „szenenah“, um sich Risiko–Gruppen anzunähern und sie mit dem Problem AIDS vertraut zu machen. Zum anderen beschäftigen sich die psychosozialen Beratungsdienste mit bereits infizierten Personen und versuchen, deren Lebenswandel so zu beeinflussen, daß sie die Krankheit nicht weiterverbreiten. Die Zahl der Neuinfektionen sei in Köln erheblich zurückgegangen, sagte ein Kölner Streetworker. Die Ministerin berichtete, daß in München, wo die durchgreifenden bayerischen Anti–AIDS– Maßnahmen in Kraft seien, sehr viele Betroffene untergetaucht seien: „Die Zahl der nicht mehr erreichbaren Risikopersonen ist drastisch gestiegen“, sagte sie. Ihr Ziel sei ein bundesweites Netzwerk, in dem Berater, Arzte, Sozialhelfer und Gesundheitsämter vertrauensvoll im Kampf gegen AIDS zusammenarbeiten. Zur Kritik Gauweilers an einer noch immer ausstehenden Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums zum bundeseinheitlichen Vollzug des Bundesseuchengesetzes meinte die Ministerin, die in der Koalitionsvereinbarung festgelegte Überprüfung des Bundesseuchengesetzes sei bereits im März erfolgt. Über einheitliche Maßnahmen im Rahmen der EG sei im Mai verhandelt worden. Fragen wie AIDS–Tests bei Einstellungsuntersuchungen von Beamten seien kein medizinisches Problem, sondern berührten die Fürsorgepflicht des Staates und würden von einer Arbeitsgruppe mehrerer Ministerien geprüft. Skeptisch äußerte sich die Ministerin zu der Forderung, Fixern die Ersatzdroge Methadon zu verabreichen, um sie von der AIDS übertragenden Heroin–Nadel abzubringen. Sie verwies darauf, daß dies seit kurzem Ärzten in Einzelfällen gestattet sei, für die meisten der Fixer aber diese Methode nicht geeignet sei. Sie denke nicht daran, ein Modellprogramm für die Anwendung von Methadon bei Fixern aufzulegen.

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