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Angriff auf taz–Redakteur

■ Wegen eines Kommentars bekam ein taz–Redakteur den Zorn von Autonomen zu spüren / Szene empört über taz

Berlin (taz) - Den Zorn einiger Kreuzberger Autonomen hat sich ein Lokalreporter der taz, Gerd Nowakowski (37), zugezogen. Am Montagabend wurde er von ungefähr zehn „Lederjacken“ bedroht und sein Auto, in das er sich geflüchtet hatte, mit Steinen beworfen. Die Frontscheibe zerbarst dabei, Gerd Nowakowski kam aber mit dem Schrecken und ohne das sprichwörtliche blaue Auge davon. Anlaß zu dieser „Racheaktion“ war offensichtlich ein Kommentar, den der Redakteur für die Montagsausgabe des Lokalteils verfaßt hatte. Darin setzte sich Nowakowski unter der Überschrift „Schilda im Niemandsland“ kritisch–ironisch mit einer neuen Kreuzberger „Kampffront aus Autonomen und Volkspolizei“ auseinander. Während einer Demonstration der rechtsradikalen Munsekte (CARP) gegen den Kommunismus war es am vergangenen Samstag vor der Mauer zu einem heftigen Gerangel gekommen, bei dem Autonome zusammen mit Ost–Berliner Volkspolizisten die Mun–Anhänger in den Westteil der Stadt zurückdrängten. Dieser etwas merkwürdig geratene Schutz „sozialistischen Eigentums“ veranlaßte Nowakowski dann zu der Bemerkung: „Der ideologische Rundschlag im Hirn macht freilich manchmal blind. Kein Platz bleibt für die Frage, ob man nun jeden Blödsinn mitmachen und sich zur Staffage einer obskuren Truppe degradieren muß, nur weil der avisierte Gegner zum Tanze lädt.“ Genutzt habe die „Werbearbeit“ wieder einmal nur der Mun–Sekte, schloß Nowakowski aus dem Vorfall und mußte sich dennoch am nächsten Tag vorhalten lassen, ein „Mun– Schwein“ zu sein. Der Vorwurf stieß nicht nur bei Kreuzberger taz–Lesern und der Redaktion auf Unverständnis, zumal Nowakowski einer der härtesten Verfechter eines Auftrittsverbotes für die „Munis“ in der Stadt war. Kenner der Szene weisen darauf hin, daß der Angriff dem Redakteur auch deshalb galt, weil etlichen Autonomen die „ganze Richtung“ der taz nicht in den Kram paßt. So wurde in einer Sendung des Offenen Kanals am vergangenen Freitag öffentlich eine taz–Ausgabe verbrannt - wegen eines Leserbriefes. „Die taz lügt“, heißt es inzwischen an diversen Kreuzberger Fassaden, hinter denen Springers Bild offenbar keine Rolle mehr spielt. Ob auch ein Brand, der aus noch ungeklärten Gründen Montag nacht im Keller des Hauses, in dem Nowakowski wohnt, ausbrach, mit dem Kommentar im Zusammenhang steht, konnte nicht geklärt werden. bmm FORTSETZUNGEN VON SEITE 1

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