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„Cowboys, Geld und Korruption“

Die Programmacher von SAT 1 haben Gespür - für den neuesten Trend auf dem Unterhaltungssektor aber auch für den Handelsgeist des vom Springer Verlag und vom Filmgroßhändler Leo Kirch beherrschten Hauses. Von „Make–up und Pistolen“ über „Cowboys, Geld und Korruption“ bis zur Serienproduktion „Kleines Berliner Bezirksgericht“ mit Justizfällen aus dem Alltag dieser Großstadt reichen die Titel. Mag das Publikum begeistert sein, die „Actionfreunde“ im Berliner Kabelrat sind es wohl weniger, schon gar nicht, wenn sich eines Tages ein Berliner „Bezirksgericht“ mit den wenig feinen Methoden des Senders befassen muß. Denn das am Mittwoch vom Privatsender in einer üppigen Show erstmals in der Funkausstellungsstadt drahtlos übertragene „Danke an Berlin“ gibt nur die Kulisse für einen großen Krach hinter denselben ab. Von seinem Ausgang hängt die Glaubwürdigkeit der selbsternannten Medienmet ropole an der Spree ab. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn sich der Kabelrat, das Gremium über Lizenzen und Frequenzen, vornehm zurückhält. Unter Leitung von Professor Benda (CDU) geht es nämlich um die „Umsetzung der von SAT 1 gemachten Zusagen“. Und nach der taz bekanntgewordenen internen Vermerken der landeseigenen „Anstalt für Kabelkommunikation“ kann es trotz allem Make–up damit nicht zum Besten bestellt sein. Als der Kabelrat im vergangenen Jahr darüber zu entscheiden hatte, welcher der beiden Privaten, RTL plus oder SAT 1, für den Fernsehkanal 25 den Zuschlag bekommen sollte, blieb SAT 1, das laut Tagesspiegel „CDU– und Senatsspitze hinter sich wußte“, siegreich in der Medienarena. Die Stimme des FDP–Mannes hatte den Ausschlag gegeben, weil der luxemburgische Sender „noch viel zu sehr internationalen Schund“ verbreite. SAT 1 hatte nicht nur die Liberalen besonders gepflegt, wie hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurde, sondern auch umfangreiche Versprechungen gemacht, um endlich „reichweitenstärkster Privatsender“ zu werden. Da war von der Errichtung Berliner Produktionsgesellschaften die Rede, von „Eigenproduktionen“ in der Stadt, Synchronisationsaufträgen in Höhe von 18,9 Mio. DM, insgesamt von einer „Wertschöpfung von mindestens 32,4 Millionen Mark“. „Es ging bei den Verhandlungen zu wie auf einem Fischmarkt“, kommentierte später RTL plus–Geschäftsführer Thoma die Schacherei. Damals verglich er die sich anbahnende „Durchkonstruktion der Medienlandschaft“ mit dem „Hugenberg– Konzern“ in der Weimarer Republik. Was da versprochen wurde, sei das Papier nicht wert, hieß es auch bald in der Branche, denn mit ähnlich vollmundigen Reizangeboten hatte SAT 1, das ohnehin nur mit 150 Mio. Mark operieren kann, auch schon anderen Bundesländern den Mund wässrig zu machen versucht. Daß man über den Tisch gezogen wurde, dämmerte unterdessen nicht nur einigen Kabelratsmitgliedern, sondern auch der Kabel–Projektgesellschaft. Briefe gingen hin und her, so daß es in einem Vermerk schließlich heißt: „Für die Erfüllung der Zusagen, in Berlin eine Produktionsfirma für Eigenproduktionen zu gründen und sich mit anderen Produzenten an einer Studiogesellschaft zu beteiligen, liegen keine konkreten Hinweise vor.“ Eine weitere gravierende Schwachstelle offenbarte eine Umfrage unter diversen Synchronisationsfirmen in diesen Tagen. Danach liegt SAT 1 um beinahe 10 Mio. Mark unter dem für 1987 versprochenen Auftrags–Soll. Ca. 1,7 Mio. DM gehen davon auf das Konto von SAT 1 und rund das vierfache Volumen auf Routineaufträge von Filmhändler Leo Kirch zurück. Damit ist auch dieser Luftballon geplatzt. Direktor Hege von der Kabelanstalt tröstete sich schon: „Immerhin synchronisieren sie jetzt nur noch in Berlin“. RTL plus gibt sich damit kaum zufrieden und will die Politik der leeren Versprechungen, so ein Sprecher gegenüber dieser Zeitung, durch Gerichte klären lassen. „Wir wollen die Konstruktion juristisch anfechten“, hieß es in Luxemburg, „schließlich muß sich auch der Kabelrat im höchsten Maße desavouiert vorkommen.“ RTL plus baut darauf, von den Kabelräten wenigstens den Zuschlag für einen der noch von der DDR blockierten Kanäle zu bekommen. Aber das wird dauern. Die ursprüngliche Sendeerlaubnis für SAT 1 jedenfalls ist nach Expertenmeinung nicht anzufechten, es gibt lediglich eine vage Widerrufsklausel. Da der Berliner Senat für SAT 1 bis zur „Schmerzgrenze gepowert“ (SPD) hat, dürften Springer und Kirch kaum Probleme haben, aber allen Grund, „Berlin“ zu danken.

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