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Neonazis finden milde Richter

■ Drei Mitglieder der „Kameradschaft Eisernes Kreuz“ wegen Waffendiebstahls und Raubüberfalls verurteilt / Rechtsradikaler Hintergrund blieb unerwähnt / Traute Eintracht vor Gericht

Hannover (taz) - Die 11. Große Strafkammer des Landgerichts Hannover hat gestern drei Mitglieder der neofaschistischen „Sport– und Sicherheitskameradschaft Eisernes Kreuz“ (EK 1) zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Der Gruppe gehörten auch der brutal getötete Skinhead Roger Bornemann und zumindest drei seiner Mörder an. Der „Kameradschaftsführer“ der EK 1, Futter, wurde wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Einbruchdiebstahl zu vier Jahren sechs Monaten verurteilt. Seine beiden Mitangeklagten erhielten wegen bewaffneten Raubüberfalls in einem minder schweren Fall und ebenfalls wegen Einbruchdiebstahls vier Jahre bzw. zwei Jahre und drei Monate Haft. Das Verfahren ging auf Ermittlungen der hannoverschen Kripo wegen des Verdachts der Gründung einer rechtsradikalen kriminellen Vereinigung zurück. Doch in dem zweitägigen Prozeß wurde die Mitgliedschaft der Angeklag ten in der „Kameradschaft Eisernes Kreuz“ nicht einmal erwähnt. Nur eine Zeugin wurde gehört, das Gericht glaubte uneingeschränkt den Teilgeständnissen der drei Angeklagten und ließ im Gegenzug im Urteil ungewohnte Milde walten: Vor dem „minderschweren“ Raubüberfall, so die Urteilsbegründung, hätten die Angeklagten die Tatwaffe eigens entladen. Der „Kameradschaftsführer“ Futter wurde vom Vorwurf des Raubüberfalls freigesprochen und wegen des Einbruchs in das hannoversche Waffengeschäft Franconia nur wegen Beihilfe verurteilt. Das Gericht baute sein Urteil weitgehend auf die Aussage des EK–1–Führers auf, er habe in beiden Fällen kurz vor der Tat seine beiden Mitangeklagten verlassen. Mit dem Urteil folgte das Gericht im großen und ganzen dem fünfminütigen Plädoyer des Staatsanwalts, das auch von den drei Verteidigern nur minimal unterboten worden war. Jürgen Voges Bericht auf Seite 5

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