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Späth tolerieren, CDU aufmischen

■ Grüne in Baden–Württemberg stellen Konzept für „wechselnde Mehrheiten“ vor

Stuttgart (taz) - Was seit den Anfängen der Republik für alle Parteien Usus ist, womit die FDP ihr unverwechselbares Profil erworben hat, worüber in Lobbyistenzirkeln von alters her gedealt, gezerrt, geschachert wird, Grünen–Funktionäre aus Baden–Württemberg haben es zu Papier gebracht. Das Konzept, als Angebot an alle Parteien für die Wahlen im März: „Für eine politische Kultur der wechselnden Mehrheiten“. Die absolute Mehrheit der CDU, aber auch deren Koalition mit FDP oder SPD möge, so hoffen die Strategen um den Grünen Fraktionssprecher Fritz Kuhn, bei der kommenden Landtagswahl verhindert werden. Dann können Lothar Späth und eine CDU–Minderheitsregierung erstmal toleriert und mit wechselnden Mehrheiten innovative Parlamentspolitik betrieben werden. Dietrich Willier Forts. S. 2,Kommentar S. 4

Punktuell, da wo sich politische Sachfragen treffen, zwischen Grünen und allen anderen Parteien. Mit solchem Vorschlag, so meinen die Initiatoren des Strategiepapiers, könnten die Grünen wieder das werden, was sie einmal waren: „Eine springlebendige Partei, die die politischen Verhältnisse zum Tanzen bringen kann“. Die Analyse der Grünen Strategen Baden–Württembergs geht davon aus, daß ein CDU–Ministerpräsident Lothar Späth - vorausgesetzt er verfehlt bei der nächsten Landtagswahl die absolute Mehrheit - eine Koalition mit der FDP nicht will und mit der SPD nicht darf. Eine Dreiparteienkoalition bei rechnerischer Mehrheit für SPD, FDP und Grüne scheitert an den Liberalen, sie haben sich der CDU versprochen. Eine rot– grüne Koalition steht schon wegen absoluter Chancenlosigkeit gar nicht erst zur Debatte. Außerdem, so das Papier, hätten die SPD programmatisch nichts anderes als die CDU zu bieten, sie sei mit „ihrer verknöcherten Funktionärsgarde“ unattraktiv und profillos. Deshalb, so die Initiatoren des Papiers, gelte es jetzt, das „verlogene deutsche Koalitionsdogma“ und die alle vier Jahre stattfindende politische Blockbildung aufzubrechen. Auch mit der CDU, so Fraktionssprecher Fritz Kuhn, ginge das durchaus. Wieso, so Kuhn, sollten wir nicht zusammen mit der CDU neue Chancen für den „ländlichen Raum“ eröffnen, wo sie zum Teil schon angefangen hat, grüne Ideen aufzugreifen? Auch in der Schulpolitik, so Kuhn, habe die CDU und Kultusminister Mayer–Vorfelder mit der Wiedereröffnung von Dorfschu len angefangen, alte Grüne Ideen aufzugreifen. Mit SPD und FDP gemeinsam wolle man dann, wenn irgend möglich, eine Verschlechterung der Frauenpolitik, die Abschaffung des §218 und die „brutale Asylpolitik“ der CDU verhindern. Es sei, so das Diskussionspapier, eben eine Existenzbedingung für die Grünen, ins Konzert der etablierten Parteien eintreten zu müssen, unkonventionell und ein bißchen unberechenbar zu sein, sei ihre Aufgabe. Die Initiatoren des Papiers, unter ihnen der Bundestagsabgeordnete Willi Hoss und die nominierten Landtagskandidaten Rezzo Schlauch, Gerd Schandner und die grüne Feministin Biggi Bender hoffen für ihren Vorstoß auf breite Zustimmung auf dem kommenden kleinen Parteitag in Heidelberg. Das Strategiepapier fand auch in der Stuttgarter Landtagsfraktion bisher keine Mehrheit, im Landesvorstand wurde bisher noch nicht abgestimmt.

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