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Vor Abpfiff für Barschel?

■ Sekretärin der Kieler Regierungs–Pressestelle bestätigt Vorwürfe gegen den CDU–Ministerpräsidenten / SPD: Keine entlastenden Dokumente vorgelegt

Berlin/Kiel(dpa/ap/taz) - Schleswig–Holsteins Ministerpräsident Barschel pfeift seit gestern auf dem letzten Loch. Knapp eine Woche nach der Spiegel–Veröffentlichung über Klein–Watergate an der Waterkant hat gestern Jutta Schröder, Sekretärin in der Pressestelle der schleswig–holsteinischen Landesregierung und enge Mitarbeiterin Reiner Pfeiffers, dessen Darstellung bestätigt. Auch nach ihrer Aussage hat Barschel seinen Pfeiffer in der vergangenen Woche um die Beschaffung eines Abhörgeräts gebeten. Der Deutschen Presse–Agentur sagte sie, sie wisse von drei Telefonaten in der Sache und habe zwei davon selbst mitgehört. Heute soll Frau Schröder von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Nach Aussagen von Pfeiffer wollte Barschel die Wanze benutzen, um seinen Kontrahenten Björn Engholm in ein schlechtes Licht zu rücken. Zusätzlich werden Pfeiffers Erklärungen durch die Aussagen des CDU– Kreisgeschäftsführers Klaus Thießen gestützt, der gegenüber dem schleswig–holsteinischen Finanzminister Roger Asmussen bestätigt hat, daß der Barschel– Mitarbeiter im Kreisverband Dithmarschen Unterzeichner für die Steuer–Anzeige gegn Engholm gesucht hat. In Kiel wird unterdessen gerätselt, was Barschel, wie angekündigt, in der für heute morgen angesetzten Pressekonferenz „noch Wirkungsvolleres“ gegen die eidesstattliche Erklärung seines früheren Mitarbeiters vorzubringen hat. Die SPD hielt Barschel gestern vor, er habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht durch entlastende Dokumente entkräftet. Gert Börnsen, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, erneuerte nach einem Gespräch bei Barschel die Forderung seiner Partei nach dem Rücktritt des Regierungschefs. Barschel sei nicht bereit gewesen, die politische Verantwortung für die Vorgänge in seinem Geschäftsbereich zu übernehmen. Der SSW–Abgeordnete Karl–Otto Meyer, der ebenfalls unterrichtet wurde, sagte: „Ich will mehr Beweise auf den Tisch haben“, schloß sich aber den Forderungen der SPD nicht an. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Während stellvertretende schleswig–holsteinische FDP–Landesvorsitzende erklärte, er rechne damit, daß „das Kartenhaus der Lügen“ in der heutigen Pressekonferenz zusammenbreche, äußerte die FDP–Abgeordnete Hildegard Hamm–Brücher die Ansicht, daß Barschel die Verantwortung für Pfeiffers Einstellung tragen solle und „unter Umständen entsprechende Konsequenzen ziehen“ müsse. Der dem rechten FDP– Flügel zugerechnete Landesvorsitzende der Hamburger FDP, Robert Vogel, forderte die Kieler FDP dazu auf, in Gesprächen mit der SPD mögliche Bedingungen für eine sozialliberale Koalition auszuloten. In Bonn wird sich heute der Bundestag in einer von den Grünen beantragten Aktuellen Stunde mit der Medienschelte von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Barschel–Affäre beschäftigen.

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