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Nebenvereinbarung für Pershing1A

Die USA und die Sowjetunion wollen den Abbau der Pershing1A–Raketen der Bundeswehr und der dazugehörigen Atomsprengköpfe, die von den US–Streitkräften unter Verschluß gehalten werden, nicht ins geplante Mittelstreckenabkommen aufnehmen, sondern in eine sogenannte Nebenvereinbarung. Das geht aus einem Bericht des von den US–Botschaften verbreiteten Informationsdienstes USIS hervor, der am Donnerstag in Bonn eintraf. Ein ranghoher Regierungsvertreter erläuterte dem Informationsdienst auch die Details der Kompromißformel, auf die sich US– Außenminister George Shultz und sein sowjetischer Kollege Eduard Schewardnadse vor einer Woche in Washington verständigt hätten. Dem Bericht zufolge waren die zwei wichtigsten offenen Fragen vor dem Außenministertreffen die Pershing1A und das genaue Verfahren zur Vernichtung der Mittelstreckenwaffen (INF). Während der Gespräche hätten sich Experten beider Seiten darauf geeinigt, was sie unter „Vernichtung der INF–Atomsprengköpfe“ verstehen wollen. Als erstes sollten die Atomsprengsätze von den „Wiedereintrittskörpern“ abmontiert werden - also von jenen Teilen des Sprengkopfes, die die Zielsucheinrichtung und die Steuerraketen für den Zielanflug enthalten. Dieses Vorgehen werde im INF–Vertrag vereinbart, erläuterte der Regierungsvertreter. Mit den amerikanischen Sprengköpfen der 72 deutschen Pershing1A werde genauso verfahren, aber das werde nicht im Vertragstext stehen, sondern nur in der „Nebenvereinbahrung“. Denn die USA hätte auf ihrer Auffassung bestanden, daß die 72 Pershing1A als „Drittstaatensysteme“ nicht Gegenstand der Genfer Rüstungskontrollgespräche und also auch nicht von Verträgen zwischen den beiden Supermächten sein könnten. Wenn aber gemäß der Erklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl die Pershing1A–Raketen vernichtet würden, betrachteten die USA nach Aussagen des Regierungsvertreters ihre Absprachen mit der Bundesregierung praktisch als gegenstandslos. Denn die Pershing1A–Sprengköpfe würden dann wie andere amerikanische Waffen behandelt und vernichtet. Wörtlich heißt es dazu laut USIS in der „Nebenvereinbarung“: „Sie unterliegen dann der selben Vernichtungsprozedur und dem selben Zeitplan für den völligen Abbau wie die Wiedereintrittskörper der Mittelstreckenraketen der USA und der Sowjetunion.“ Umstritten ist nach Auskunft des Regierungsvertreters noch das Verfahren und der Zeitplan für die Vernichtung der Mittelstreckenraketen: Die USA wollten ganze Raketenbatterien auf einmal vernichten, der sowjetische Plan sehe hingegen den Abbau Rakete für Rakete vor. Außerdem wollten die USA die Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite (500 bis 1.000 Kilometer) innerhalb von drei Jahren abbauen; die UdSSR denke jedoch an zwei und fünf Jahre. Sie habe dabei technische Probleme und Umweltprobleme geltend gemacht. Die USA glaubten das nicht recht. Experten beider Seiten sollten den Streit jetzt in Genf ausräumen. Das Verfahren der „Nebenvereinbarungen“ oder „Zusatzprotokolle“ ist in der Diplomatie üblich: Es gestattet beiden Seiten, theoretisch auf ihren Standpunkten zu beharren, praktisch aber der anderen Seite nachzugeben. Die UdSSR hatte gefordert, daß auch die Beseitigung der 72 Pershing1A in den INF–Vertrag aufgenommen wird.

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