piwik no script img

Auch Wiesenthal will nun Waldheims Abgang

■ Auch wenn der österreichische Staatspräsident nur der gut informierte Wehrmachtsoffizier gewesen sei, müsse er gehen

Wien/Berlin (ap/taz) - Nun fordert auch Simon Wiesenthal den Rücktritt des österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim - wenn auch nur indirekt. Wenn die Historikerkommission, die Waldheims Vergangenheit als Ordonnanzoffizier der deutschen Wehrmacht im Balkan durchleuchtet, zu einem negativen Urteil komme, so der Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, müsse dieser „selbstverständlich die Konsequenz ziehen“. Sollte die Kommission hingegen zu einem Urteil kommen, wonach Waldheim einer der bestinformierten Offiziere war, aber keine persönliche Schuld trage, dann möge er bitte im Interesse Österreichs zurücktreten. Die Waldheim–Affäre ist neu ins Rollen gekommen, nachdem eine Mitarbeiterin Wiesenthals einer italienischen Zeitschrift Dokumente zu dem Fall übergeben hat. Aus den Texten geht hervor, daß im Hauptquartier dem Waldheims Heeresgruppe Kriegsgefangene zum Teil zur Ermordung abtransportiert wurden. Die Dokumente sind zwar schon im letzten Jahr auszugsweise im Spiegel erschienen. Brisant ist aber, daß der britische Historiker Fleming, der sie Wiesenthal zuschickte, davon ausging, daß die Dokumente noch nicht publiziert seien, und er sie gleichzeitig unter Verschluß halten wollte. Fleming ist Mitglied der von der österreichischen Bundesregierung im August eingesetzten internationalen Waldheim–Kommission, deren Vorsitz bei dem Schweizer Hans–Rudolf Kurz liegt. Auf die Frage, ob er Fleming nun für eine Belastung der Kommission halte, meinte Kurz nur, er wolle dessen Stellungnahme abwarten. Kurz selbst, der die Kommission nach eigenem Ermessen zusammenstellen durfte, wird vorgeworfen, mit Waldheim zu einem Geheimtreffen zusammengekommen zu sein. Der taz sagte Kurz, es habe sich dabei um ein gewöhnliches Mittagessen gehandelt. Er sei kein Befehlsempfänger Waldheims.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen