piwik no script img

Gnade vor Recht

Der wegen Spionage für die Sowjetunion zu lebenslanger Haft verurteilte Schwede Stig Bergling (50) ist geflohen. Der schwedischen Polizei fehlte auch am Mittwoch, einen Tag nach der Flucht, noch jede Spur. Bergling hatte am Montag für einen Tag Freigang erhalten, um seine Frau in Stockholm zu besuchen. Nach Angaben der Polizei wurde er von der Haftanstalt in Norrköping zur Stockholmer Wohnung von Gefängnispersonal begleitet. Als Bergling am Dienstag vormittag wieder abgeholt werden sollte, waren er und seine Frau verschwunden. Die schwedische Polizei löste erst zwölf Stunden später eine landesweite Fahndung aus. Auf Anfragen der Deutschen Presse–Agentur, warum die Fahndung so spät eingeleitet wurde, antwortete ein Polizeisprecher: „Ich weiß es auch nicht, es hat wohl einen Fehler in unserer Kommunikation gegeben.“ Bergling war 1979 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, daß Bergling von 1973 an geheime Dokumente der schwedischen Sicherheitspolizei und des schwedischen Verteidigungsstabes der Sowjetunion zugespielt hatte. Bergling hatte bei beiden Institutionen gearbeitet. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im März 1979 war er als UNO–Offizier in Israel tätig. Der Prozeß fand hinter verschlossenen Türen statt, alle wesentlichen Gerichtsprotokolle sind noch immer unter Verschluß. Seit seiner Verurteilung hat Bergling mehrfach Gnadengesuche eingereicht, die jedoch von der schwedischen Regierung abgelehnt wurden. Nach Ansicht des Verteidigungsstabes besitzt Bergling immer noch Kenntnisse, die die Sicherheit Schwedens gefährden können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen