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I N T E R V I E W „Rau wird sich voll reinhängen müssen“

■ Horst Niggemeier, Pressesprecher der IG Bergbau und Energie sowie SPD–Abgeordneter über die Bonner Kohlepolitik

taz: Die IGBE fordert nach den für die Gewerkschaft enttäuschend verlaufenden Kohlegesprächen mit Bangemann einen neuen Anlauf auf „sehr hoher Ebene“. Was ist damit gemeint? Horst Niggemeier: Die Richtlinien der Politik bestimmt in der Bundesrepublik Deutschland der Bundeskanzler. Außerdem steht der Bundeskanzler gegenüber den Bergleuten im Hinblick auf die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze im Wort. Was erwarten Sie konkret von Johannes Rau? Johannes Rau wird sich voll reinhängen müssen in all die Forderungen, die wir in unserem Überbrückungskonzept formuliert haben. Dies wird er mit seinen Ministerpräsidentenkollegen so zu erörtern haben, daß die Kohle dabei nicht den Bach runtergeht. Die IGBE wirft der SPD einen „strategischen Fehler“ vor. Was heißt das? Es wäre sicher nützlich gewesen, wenn die SPD sofort nach der Bekanntgabe des Konzeptes die uneingeschränkte Unterstützung erklärt hätte. Dies ist nicht geschehen. Reicht Ihnen die vom Bochumer Parteitag verabschiedete Entschließung? Was die SPD in Bochum zur Kohle beschlossen hat, ist ein hervorragender Ansatz, wenngleich auch hier spürbar wird, daß die Fesseln des Ausstiegsbeschlusses zur Kernenergie eine Rolle bei der Formulierung dieser Entschließung gespielt haben. Fordern Sie von der SPD eine Bestandsgarantie für die Kernenergie? Wir überlassen es in unserem Konzept der Entwicklung nach 1995, ob die Kernenergie nach der von uns vorgeschlagenen vorrübergehenden Reduzierung wieder ansteigt oder nicht. Das hängt vom Stromverbrauch ab. Der IGBE–Vorsitzende Heinz–Werner Meyer hat von einer explosiven Lage bei den Bergbaubeschäftigten gesprochen und vor „Kreuzberger Verhältnissen“ gewarnt. Ist die IGBE überhaupt noch kampffähig , wenn es nicht zu einer Einigung kommt? Das ist keine Frage der Kampffähigkeit der IGBE, sondern mehr eine Frage des Ausbruchs der jetzt latent vorhandenen Unruhe unter den Belegschaften und der Bevölkerung in den Bergbaurevieren. Da müssen wir große Bedenken haben, ob diese Unruhe unter dem Deckel zu halten ist, oder sich nicht eines Tages Bahn bricht, wenn deutlich erkennbar wird, daß mehr als 25.000 Arbeitsplatzverluste eintreten. Dann ist die Entwicklung sozial und politisch nicht mehr beherrschbar. Was will die IGBE tun, wenn die Einigung scheitert? Wir haben immer noch die Hoffnung, daß die vernünftigen Kräfte in den beiden großen Parteien SPD und CDU sich durchsetzen und jeweils ihren Beitrag zur Konsensbildung bei der zukünftigen Kohlepolitik leisten. Das werden wir zum gegebenen Zeitpunkt überprüfen müssen. Interview: Walter Jakobs

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