piwik no script img

Duarte–Kritiker wurde ermordet

■ Präsident der Menschenrechtskommission in El Salvador, Herbert Anaya Sanabrina, erschossen

Von Gaby Gottwald

San Salvador/Berlin (afp/taz) Am Dienstag morgen um 6.30 Uhr Ortszeit ist der Präsident der unabhängigen Menschenrechtskommission von El Salvador (CDHES), Herbert Anaya Sanabrina, in San Salvador von bewaffneten Männern in Zivil erschossen worden. Nach ersten Augenzeugenberichten hatten die Männer dem Menschenrechtler aufgelauert, als er seine Kinder zur Schule brachte. Anaya wurde auf einem Parkplatz in seinem Auto tot aufgefunden. Zwei Stunden nach dem Mord waren am Tatort noch keine Ermittlungsbehörden aufgetaucht. Herbert Anaya war einer der bekanntesten Menschenrechtler in El Salvador, der wegen seiner Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in dem mittelamerikanischen Land einer starken Repression durch staatliche Sicherheitsorgane unterlag. Im Mai 1986 war er verhaftet worden, da ihm von den Behörden Mitgliedschaft in der Guerilla FMLN vorgeworfen wurde. Einem Entführungsversuch durch bewaffnete Zivilisten im Mai 87 konnte der 33jährige entkommen. Fortsetzung auf Seite 2 Herbert Anaya wurde zusammen mit seinem Arbeitskollegen Reynaldo Blanco in der salvadorianischen Presse mehrmals als Mitglied der Guerilla denunziert. Dieser war im Mai 1986 entführt und anschließend wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der Guerilla zusammen mit dem ermordeten Auaya verhaftet worden. Nach seiner Freilassung unternahm Reynaldo Blanco, der in der Haft gefoltert worden war, eine Europatournee, um über die Menschenrechtslage in seinem Land zu informieren. Bei dieser Gelegenheit traf er auch mit dem Leiter des Lateinamerikareferats des Auswärtigen Amtes in Bonn, Conrad von Schubert, zusammen. Dieser sagte dem Menschenrechtler zu, ihm bei eventuellen Problemen nach der Rückkehr behilflich zu sein. Die bundesdeutsche Botschaft in San Salvador wurde daraufhin angewiesen, der Regierung zu übermitteln, daß es in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit Besorgnis über die Sicherheitslage der oppositionellen Menschenrechtler gebe. Besorgt um das Wohl des zurückgekehrten Reynaldo Blanco bat die Schweizerische Organisation „Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter“ (ACAT) brieflich von Schubert um Unterstützung des Gefährdeten; dessen Antwortbrief geriet jedoch zu einer Denunziation, die den Betroffenen eher gefährdet als schützt. Der Leiter des Lateinamerika–Referats schrieb zurück: „Nach Angaben der staatlichen (!) salvadorianischen Menschenrechtsorganisation soll Herr Blanco Rojas nicht gefährdet sein. Falls er sich allerdings wieder für die Guerilla betätigt, müsse er mit erneuter Verhaftung rechnen.“ Punktum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen